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Tut Blatt 2Kaufmann FSS 2021 Loesung

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Handels- und Gesellschaftsrecht

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Universität Mannheim

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Tutorium Handelsrecht FSS 2021

Alle Rechte bei Dr. Gernot Wirth

Arbeitsblatt 2: Kaufmannsbegriff

Fall 1:

Arzt A betreibt ein gutgehendes, großes Wellnesshotel mit 25 Beschäftigten. Neben der Hotelübernachtung und der Bewirtung bietet er dort auch Beratung zur gesunden Ernährung an. Dabei verkauft er regelmäßig verschiedene Diätprodukte. Im Handelsregister ist A nicht eingetragen. Als ihn ein Freund auf seine handelsrechtliche Buchführungspflicht hinweist, erklärt A, dass er als Arzt ja wohl kein Kaufmann sein könnte. Ist A Kaufmann, gilt für und gegen ihn also das HGB?

Lösung:

A könnte Kaufmann kraft Betätigung gemäß § 1 HGB sein:

§ 1 HGB

(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. (2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

A. Dazu bedarf es drei Voraussetzungen:

I. Vorliegen eines Gewerbes, II. das als Handelsgewerbe III. betrieben wird.

I. Vorliegen eines Gewerbes

Definition =

  1. jede nach außen erkennbare Tätigkeit,
  2. die selbstständig ausgeübt wird,
  3. wenn diese planmäßig
  4. und mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird
  5. sowie nicht generell gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstößt
  6. und auch keine freiberufliche Tätigkeit darstellt.

(Hier bitte anhand des Falls alles durchsubsumieren, obgleich 1. bis 5. unproblematisch ist, damit die KandidatInnen den Zugang finden.)

Fraglich ist allein, ob die Gewerbeeigenschaft wegen freiberuflicher Tätigkeit ausgeschlossen ist. A ist Arzt. Ärzte erbringen grundsätzlich eine höhere Tätigkeit auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung (vgl. § 1 II 1 PartGG) und sind damit Freiberufler, siehe auch § 1 II Bundesärzteordnung.

Hier ist A aber nicht im sog. Kernbereich ärztlicher Dienstleistungen tätig. Umfasst die Tätigkeit nämlich sowohl freiberufliche wie auch gewerbliche Elemente, so kommt es auf den Schwerpunkt der Tätigkeit an. A gibt zwar Ernährungsberatung. Diese Beratung ist jedoch in seinen Hotelbetrieb eingebettet und wird mit dem Vertrieb von Diätprodukten verbunden. Das stellt sich ganz überwiegend als Verwendung fremder Arbeitskraft und Einsatz von Produktionsmitteln, nicht aber als die von § 1 II 1 PartGG gemeinte höhere schöpferische Tätigkeit eines Arztes dar. Die Tätigkeit ist also maßgeblich gewerblich geprägt. Da es sich nicht um eine überwiegend freiberufliche Tätigkeit handelt, steht der Qualifikation als Gewerbetreibender also nichts entgegen.

II. Aber nicht jedes Gewerbe ist gleichzeitig auch ein Handelsgewerbe ,

widerlegbare Vermutung des § 1 II HGB:

  1. Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb,
  2. es sei denn, das Unternehmen erfordert a) nach Art b) oder nach Umfang keinen kaufmännischen Geschäftsbetrieb.

Ist negativ formuliert und bedeutet positiv: Handelsgewerbe ist demnach nur ein Gewerbebetrieb, der nach Art und Umfang einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb erfordert,

wurde aber bewusst negativ im Gesetz formuliert, da damit eine Beweislastumkehr erfolgt: - Liegt ein Gewerbebetrieb vor, wird zugunsten des Rechtsverkehrs, also im Fall zugunsten der Geschäftspartner und Kunden des A (automatisch) vermutet, dass er Kaufmann ist und die Regeln des HGB somit insbesondere auch gegen ihn gelten. - Möchte der Betriebsinhaber es vermeiden, dass die Regeln des HGB und diese damit insbesondere auch gegen ihn gelten, muss A also nachweisen, dass er kein Kaufmann ist, weil sein Gewerbebetrieb entweder nach der Art oder nach dem Umfang oder nach beidem keinen kaufmännischen Geschäftsbetrieb erfordert.

Ein kaufmännischer Geschäftsbetrieb verlangt insbesondere kaufmännische Buchführung, Inventarisierung und Bilanzierung , kaufmännische Bezeichnung durch eine Firma nach §§ 17 ff. HGB und, wenn er sich vertreten lässt, eine kaufmännische Vertretung durch Prokura und Handlungsvollmacht gemäß §§ 48 ff. HGB etc.

A betreibt ein großes Wellnesshotel. Dazu gehört das Angebot diverser Leistungen (Übernachtung, Frühstück, Massagen etc.) mit einhergehendem Buchhaltungsaufwand. Die vielen Beschäftigten deuten auf einen umfangreichen Geschäftsbetrieb hin. Er verkauft zusätzlich weitere Diätprodukte, treibt also auch Warenhandel.

Fall 2:

Die C-GmbH betreibt auf einem kleinen Weiler einen sog. „Tante-Emma-Laden“. Dieser hat nur zwei Tage die Woche vormittags geöffnet. Der Jahresumsatz bewegt sich im vierstelligen Bereich. Das Tagesgeschäft wird vom Geschäftsführer G nebenberuflich komplett alleine bewältigt.

Ist die C-GmbH Kaufmann?

Lösung:

A. Die C-GmbH könnte Kaufmann kraft Betätigung gemäß § 1 HGB sein:

Dazu bedarf es drei Voraussetzungen:

I. Vorliegen eines Gewerbes, II. das als Handelsgewerbe III. betrieben wird.

I. Vorliegen eines Gewerbes

(Definition =

  1. jede nach außen erkennbare Tätigkeit,
  2. die selbstständig ausgeübt wird,
  3. wenn diese planmäßig
  4. und mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird
  5. sowie nicht generell gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstößt
  6. und auch keine freiberufliche Tätigkeit darstellt.)

Hier soweit alles unproblematisch (insbesondere schadet es nicht, dass G nur nebenberuflich tätig ist, das hat allenfalls für die jetzt folgende Frage eine Bedeutung):

II. Aber nicht jedes Gewerbe ist gleichzeitig auch ein Handelsgewerbe ,

denn widerlegbare Vermutung des § 1 II HGB:

  1. Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb,
  2. es sei denn, das Unternehmen erfordert a) nach Art b) oder nach Umfang keinen kaufmännischen Geschäftsbetrieb.

Ein Tante-Emma-Laden hat nur ein geringes Leistungsangebot und tätigt weder schwierige Geschäfte noch hat er umfangreiche Geschäftsbeziehungen. Außerdem hat das Geschäft keine selbständige Lohnbuchhaltung und (wohl) auch keinen bargeldlosen Zahlungsverkehr.

Hier nur zwei Tage die Woche vormittags geöffnet, geringer Jahresumsatz im nur vierstelligen Bereich und keine Angestellte sind Indizien, dass es keines kaufmännischen Geschäftsbetriebs bedarf.

Die C-GmbH betreibt daher kein Handelsgewerbe und ist damit kein Kaufmann kraft Betätigung gemäß § 1 HGB!

B. Die C-GmbH könnte aber Formkaufmann nach § 6 I und II HGB i.V. § 13 III GmbH-G sein?

§ 6 HGB

(1) Die in betreff der Kaufleute gegebenen Vorschriften finden auch auf die Handelsgesellschaften Anwendung. (2) Die Rechte und Pflichten eines Vereins, dem das Gesetz ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Unternehmens die Eigenschaft eines Kaufmanns beilegt, bleiben unberührt, auch wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 nicht vorliegen.

§ 13 GmbHG

(1) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. (2) Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit beschränkter Haftung haftet den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen. (3) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs.

Bestimmte handelsrechtliche Vereine sind stets Kaufleute , auch wenn sie wie hier kein Handelsgewerbe gemäß § 1 II HGB betreiben:

I. AG (vgl. § 3 I AktG), I. KGaA (§§ 278 III und 3 I AktG), III. SE (Art. 1 I und 3 I SE-VO und § 3 SE-AG), IV. und die GmbH (§ 13 III GmbH-G) sowie auch deren Sondervariante, die UG haftungsbeschränkt (§ 5a GmbH-G) V. sowie die Genossenschaften eG (§ 17 II GenG) VI. und SCE (Art. 8 I c) Nr. 3 SCE-VO),

[nicht hingegen VII. die sonstigen Idealvereine VIII. oder Stiftungen IX. und Personengesellschaften, selbst OHG und KG nicht (dazu später noch im GesR)]

Für solche Formkaufleute gilt also allein kraft ihrer Rechtsform (also des „Rechtskleides“ , welches sie sich „übergezogen“ haben) stets das HGB.

Die C -GmbH ist als GmbH daher Formkaufmann nach § 6 II HGB i.V. § 13 III GmbH- G.

Fall 3:

E ist Student und möchte einen neuen, sehr teuren Computer bestellen. Er fürchtet, von dem Händler H-AG mit seinem Anliegen nicht ernst genommen zu werden. Um solventer zu wirken, entwirft er sich ein schickes Briefpapier. Im Briefkopf gibt er sich als „E e.“ aus (eine Eintragung im Handelsregister erfolgte nicht) und bestellt mit diesem Papier den Computer.

Ist E Kaufmann?

Lösung:

A. E könnte Kaufmann kraft Betätigung gemäß § 1 HGB sein:

Dazu bedarf es drei Voraussetzungen:

I. Vorliegen eines Gewerbes, II. das als Handelsgewerbe III. betrieben wird.

I. Vorliegen eines Gewerbes

Definition =

  1. jede nach außen erkennbare Tätigkeit,
  2. die selbstständig ausgeübt wird,
  3. wenn diese planmäßig
  4. und mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird
  5. sowie nicht generell gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstößt
  6. und auch keine freiberufliche Tätigkeit darstellt.

Hier schon beim dritten Merkmal auszuschließen, da E keine Wiederholungsabsicht hat ( und wohl auch keinen Gewinn daraus erzielen will).

Es liegt also bereits kein Gewerbe vor, so dass es nicht mehr darauf ankommt, dass E auch keinen kaufmännischen Geschäftsbetrieb erfordert und er auch kein Handelsgewerbe betreibt!

E ist daher kein Kaufmann kraft Betätigung gemäß § 1 HGB!

B. E könnte aber Kaufmann kraft Eintragung gemäß § 2 HGB sein?

§ 2 HGB

Ein gewerbliches Unternehmen, dessen Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist, gilt als Handelsgewerbe im Sinne dieses Gesetzbuchs, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist.

Der Unternehmer ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Eintragung nach den für die Eintragung kaufmännischer Firmen geltenden Vorschriften herbeizuführen. Ist die Eintragung erfolgt, so findet eine Löschung der Firma auch auf Antrag des Unternehmers statt, sofern nicht die Voraussetzung des § 1 Abs. 2 eingetreten ist.

Dazu bedarf es zwei Voraussetzungen

I. Vorliegen eines sog. Kleingewerbes

  1. also eines Gewerbes,
  2. das gerade kein Handelsgewerbe nach § 1 II HGB ist (sonst gilt § 2 nicht!, vgl. § 2 S. 1), II. dessen Betreiber sich aber seine Firma (also seinen handelsrechtlichen Namen) im Handelsregister hat eintragen lassen.

Hier betreibt E bereits kein Gewerbe, also auch kein Kleingewerbe , so dass es nicht mehr darauf ankommt, dass E auch nicht im Handelsregister eingetragen ist.

E ist daher auch kein Kaufmann kraft Eintragung gemäß § 2 HGB!

[Anmerkung: Wäre E Kleingewerbetreibender, so wäre er nur Unternehmer i.S. § 14 I BGB. Wählt er die Eintragung, würde er dadurch (konstitutiv) würde er zum Kaufmann. Er kann dann nicht mehr Kaufmann nach § 1 sein, denn § 1 und § 2 schließen sich gegenseitig aus.]

C. E könnte aber Fiktivkaufmann gemäß § 5 HGB sein?

§ 5 HGB

Ist eine Firma im Handelsregister eingetragen, so kann gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, dass das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei.

Dazu bedarf es zwei Voraussetzungen:

I. Das Vorliegen eines Kleingewerbes ,

  1. also eines Gewerbes,
  2. das gerade kein Handelsgewerbe ist (denn dann ist der Betreiber bereits wegen § 1 II HGB Kaufmann kraft Betätigung und somit gilt der subsidiäre § 5 HGB gerade nicht) II. und
  3. der Betreiber hat seine Firma (also seinen handelsrechtlichen Namen) im Handelsregister nicht eintragen lassen, er selbst hat also keinen Antrag auf Eintragung des Kleingewerbes gestellt (denn dann ist der eingetragene Kleingewerbetreibende ja wegen § 2 S. 2 HGB bereits Kaufmann kraft Eintragung und daher gilt der subsidiäre § 5 HGB dann ebenfalls nicht)
  4. die Firma ist aber aus anderen Gründen (z. aus Versehen) dennoch ins Handelsregister eingetragen worden.

Hier betreibt E bereits kein Gewerbe, also auch kein Kleingewerbe , so dass es nicht mehr darauf ankommt, dass E auch nicht im Handelsregister eingetragen ist (man kann also nicht dadurch allein zum Kaufmann nach § 5 HGB werden, dass man aus Versehen ins Handelsregister eingetragen wird,

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Fall 1:
Arzt A betreibt ein gutgehendes, großes Wellnesshotel mit 25 Beschäftigten. Neben der
Hotelübernachtung und der Bewirtung bietet er dort auch Beratung zur gesunden Ernährung
an. Dabei verkauft er regelmäßig verschiedene Dtprodukte. Im Handelsregister ist A nicht
eingetragen. Als ihn ein Freund auf seine handelsrechtliche Buchführungspflicht hinweist,
erklärt A, dass er als Arzt ja wohl kein Kaufmann sein könnte. Ist A Kaufmann, gilt für und
gegen ihn also das HGB?
Lösung:
A könnte Kaufmann kraft Betätigung gemäß § 1 HGB sein:
§ 1 HGB
(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt.
(2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art
oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.
A. Dazu bedarf es drei Voraussetzungen:
I. Vorliegen eines Gewerbes,
II. das als Handelsgewerbe
III. betrieben wird.
I. Vorliegen eines Gewerbes
Definition =
1. jede nach außen erkennbare Tätigkeit,
2. die selbstständig ausgeübt wird,
3. wenn diese planmäßig
4. und mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird
5. sowie nicht generell gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstößt
6. und auch keine freiberufliche Tätigkeit darstellt.
(Hier bitte anhand des Falls alles durchsubsumieren, obgleich 1. bis 5. unproblematisch ist,
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