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Zusammenfassung

WS 20/21
Kurs

Grundzüge der Soziologie II (14302596)

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Universität Trier

Akademisches Jahr: 2020/2021
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Soziologieexamen

Text Vorschau

Vorlesung 1: Einführung

1. Thomas-Theorem

„Wenn Menschen Situationen als real definieren, so sind auch ihre Folgen real.“

Exemplarisch bedeutet das: Ein Dokument, das von jemandem stammt, der einen Minderwertigkeitskomplex besitzt oder an einem Verfolgungswahn leidet, ist denkbar weit von der objektiven Wirklichkeit entfernt, aber das Bild, das sich der Betreffende von der Situation macht, ist zweifellos ein sehr wichtiger Faktor für die Interpretation. Denn sein unmittelbares Verhalten hängt eng mit seiner Situationsdefinition zusammen, die entweder der objektiven Wirklichkeit oder seiner subjektiven Vorstellung entsprechen kann.

Deutung Deutung- bzw. Interpretations- oder Verstehensprozesse sind subjektiv, wenn auch sozial geformt

Deuten und Verstehen bleiben sowohl auf der Ebene des Alltags als auch im Kontext von Wissenschaft abhängig von (eingenommenen und nur mehr oder wenig bewussten) Perspektiven

Situation subjektiv gedeutete Situation

objektiv identifizierbare Situation

Problem 1 Diese Unterscheidung bleibt dauerhaft ein Problem und ist keineswegs stets so vermeintlich einfach wie im Fall von Romeo und Julia – sowohl die Erhebung bzw. Feststellung der subjektiven Situationsdefinition als auch die Bestimmung der ‚objektiven‘ Lage bleiben gebunden an Interpretationsprozesse.

Problem 2 Was gehört zur Situation?

Elemente jeder Situation nach dem Thomas-Theorem: Objektive Bedingungen und Strukturen Subjektive Handlungsmotive und Einstellungen Deutung der objektiven Bedingungen und das subjektive Bewusstsein von den eigenen Einstellungen zu diesen Zusammenhang/Verhältnis dieser Deutungen

" Strukturen/strukturelle Rahmenbedingungen " Handlungen/Handeln " Deutungen/Interpretationen/Erwartungen

Das Thomas-Theorem impliziert dabei als soziologische Erklärungsperspektive:  Zusammenhang der Deutung sozialer Situationen mit: }dem dieses vorausgehende Handeln (Vergangenheitsbezug) }dem in diesen sich vollziehenden Handeln (Gegenwartsbezug) }dem auf dieses bezogene und dem auf dem folgenden Handeln (Zukunftsbezug)

" Zusammenhang der drei Zeitdimensionen " Zusammenhang von Handeln und Struktur (von eher situativen und eher sich stabil/dauerhaft durchhaltender Aspekte einer Situation

Folgerungen

(1) Menschen handeln stets auf der Grundlage der Bedeutungen, die bestimmten Dingen für sie zukommen [strukturierend, prägend] (2) Diese Bedeutungen sind soziale Produkte, denn sie entstehen in Interaktionen mit anderen [sozial und historisch konstituiert] (3) In sozialen Interaktionsprozessen werden diese Bedeutungen immer wieder modifiziert und/oder es entstehen neue Bedeutungen [strukturiert, geprägt]

2. Soziale Logik

Thematisierte soziale Logik:  Soziale (gesellschaftliche, öffentliche) Konstellationen und Strukturen beeinflussen einerseits individuelles und Gruppenhandeln, welches andererseits aber gleichzeitig die sozialen Konstellationen und Strukturen erst erzeugt, in denen dieses Handeln vollzogen wird. = wechselseitiges Konstitutionsverhältnis (d. Bedingungs- und Erzeugungsverhältnis) von Gesellschaft und Individuum bzw. von Strukturen und Handlungsvollzügen: strukturiert und strukturierend (geprägt und prägend)

 Die Wirkungen (Effekte) des subjektiv bewusst oder objektiv (nicht bewusst) koordinierten und/oder unkoordinierten Zusammenhandelns von Menschen übersteigen nicht nur die Wirkungen (Effekte) einzelner Handlungen, sondern erzeugen auch völlig neue soziale Realitäten = Effekte, die Wirkungen individuellen Handelns übersteigen: Struktureffekte Aggregationseffekte Kompositionseffekte kumulative Effekte

" Phänomene sozialer Emergenz  Zusammenhang, d. wechselseitiges Bestimmungsverhältnis von:

}sozialen Strukturen (ökonomisch, politisch, kulturell) }Deutungsmustern (individuell, kollektiv) }Handeln und handelndem Zusammenwirken

Fazit

 Für die sozilogische Analyse gibt es nicht die eine ‚objektive‘ Wirklichkeit }die Definition der Situation ist zentral }Aber: das heißt nicht, dass es keine ‚Wirklichkeit‘ gäbe, sondern nur, dass sehr Unterschiedliches als ‚Wirklichkeit‘ – und somit als Widerstandserfahrung im Handeln – sozial ausschlaggebend sein kann und typischerweise ist }Deshalb: Nicht nur ‚objektive‘ Daten von Interesse, sondern auch ‚subjektive‘ „Verhaltensdokumente“: Diese sind ebenso objektiv wirkmächtig

 Konsequenzen: }Aus der Perspektive und Rationalität und damit Historizität von Theorien und Beobachtungen folgt keineswegs die Beliebigkeit von Gegenstandsbezügen wie Theorieansätzen, sondern lediglich die Frage ihrer Gegenstandsangemessenheit }Bewährung statt Antirealismus: Plausibilität von Theorien aufgrund empirischer Analyse als Widerstandserfahrung

Was ist Soziologie?

Soziologie untersucht die soziale und gesellschaftliche Wirklichkeit des Zusammenlebens von Menschen (in den jeweiligen ‚natürlichen‘, sozio-technischen, sozio-kulturellen, sozio-ökonomischen und sozio-politischen Rahmenbedingungen) mit dem Ziel, zentrale Strukturen, Prozesse und Formen dieses Zusammenlebens und seiner sozialen (gemeinschaftlichen und gesellschaftlichen) Prägung zu beschreiben, zu verstehen und so zu erklären.

 Soziologie als multiparadigmatische Wissenschaft }Pluralität Soziologischer Theorien }Pluralität des Erklärungsprofils und -anspruchs soziologischer Theorien }Pluralität des Verhältnisses von theoretischer und empirischer Analyse

Vorlesung 2: Theorie(n) und Theoriebegriff(e)

(Joas/Knöbl)

1. Theorie(n) und Theoriebegriff(e)

Streitpunkte, die sich aus der Frage, was Soziologie ist, ergeben: vgl. S. 13ff

Verhältnis Theorie - Empirie

Verhältnis Theorie - Weltbilder

Verhältnis Theorie - Normativität

Verhältnis Theorie - Alltagswissen

Diskussion des Verständnisses von „Theorie“

 Historischer Ausgangspunkt }Disziplingeschichtlich-historischer Aspekt: soziologische Forschung zunächst externe Profilierung, seit Mitte des 20. Jhd. interne Profilierung (Ansätze, die sich wechselseitig bekämpfen) }Disziplingeschichtlich-institutioneller Aspekt: inzwischen Fragmentierung des Faches und hohe Arbeitsteiligkeit zwischen Theorie und Empirie

Theorienpluralismus – Resümee

 Wieder die Einheitsphantasie: Einheit kein Wert an sich (vgl. nur Einheitsparteien/Einheitsparteisysteme)  Falsches Bild anderer Disziplinen leitend  Gerade auch die heutigen Einheitsapostel würden sich vehement von der historisch wohl erfolgreichsten Einheitsvision distanzieren: der ontologisch-metaphysischen Korrespondenztheorie, also dem religiösen Weltbild (mit seiner Formel: „umum, verum, bonum“; also: Eine, das Gute und das Wahre)  Denn Voraussetzung einer Einheit: „Veritas est adaequatio ihtellectus et rei“, „Wahrheit ist die Übereinstimmung von erkennendem Verstand und Sache“  Politische Implikationen von Einheitsphantasien

2. Ordnung von Theorien und Klassizität

Anschluss an Vorlesung 1:  Frage: Was behandeln? Nach welchen Kriterien auswählen?  Frage nach den Ordnungsvarianten soziologischer Theorien

Alternative theoretisch-konzeptionelle Ansätze (exemplarisch)

" wird im Verlauf der Vorlesung genauer besprochen

Vorlesungsprofil

" wir haben es mit klassischen Autoren zu tun

Was sind Klassiker?

 schwierige, umstrittene Frage  teils Zeit und teils Phänomen-unabhängiger Eigenwert  Theorie- und Fachgeschichte ex post (bedeutet, dass im Rückblick verständigt sich eine Disziplin darauf welche Beiträge sie als klassisch zu würdigend gedenkt)

Klassikerstatur als eine soziale Konstruktion

  1. Kanonbildung – Kanonisierungsprozesse  Festlegung von Klassiker: Prozesse der innerdisziplinären Aushandlung des leitenden disziplinären (Selbst-)Verständnisses und insofern auch Kämpfe um Deutungsmacht

  2. Funktionalisierungen der Fachgeschichte ex post: Welche Bezugnahme auf Klassiker?  Unterscheidung von Vorläufer – Zeitgenossen – Pioniere  Selbstlegitimisierung schulen-spezifischer „Sieger“ durch Vorläufer – kumulative Reduktion von Pluralität  Würdigung als Zeitgenossen der Bereitstellung von Konzepten und Grundbegriffen für den soziologischen Werkzeugkasten – durchaus kritische Reproduktion von Pluralität, aber auch enzyklopädisch-topische Fragmentierungsdynamik  Historisch-reflektierte Analyse Disziplin-konstitutiv leitender Fragestellungen – Erhöhung der wissenschaftstheoretischen Reflexivität

3. Akteurmodelle

 Modelle von Handelnden spielen explizit/implizit immer eine Rolle in diesen Theorien und sind in die Situationen ‚eingelagert‘ und ‚entscheidungsleitend‘

Vier Modelle: Schimank 2000: S. 20 }Homo sociologicus }Homo oeconomicus }Emotional man }Identitätsbehaupter

Homo sociologicus

 Ausrichtung des Handelns, Deutens und Erwartens an (als geltend unterstellten) Normen  Vielfach orientiert am Typus des traditionalen Handelns (M. Weber)  u.: Sozilogische Rollentehorie (Goffman)

Homo oeconomicus

 Ausrichtung des Handelns, Denkens und Erwartens am eigenen (erwarteten) Nutzen (Ziel: Nutzenmaximierung)  Vielfach orientiert am Typus des „Zweckrationalen Handelns“ (M. Weber)  insbesondere Wirtschaftswissenschaft, Theorien rationaler Wahl (Rational Choice-Ansätze)

Emotional man

 Ausrichtung des Handelns, Denkens und Erwartens am eigenen Wollen, Fühlen (Neid, Wut, Freude, etc.)  Vielfach orientiert am Typus des „Affektuellen Handelns“ (M. Weber)  u. Simmel, Parsons

Identitätsbehaupter

 Ausrichtung des Handelns, Deutens und Erwartens am eigenen Selbstbild, an den für sich selbst als relevant gesetzten Identifizierungen, Selbstdeutungen und Selbstpräsentationen  Vielfach orientiert am Typus des „wertrationalen Handelns“ (M. Weber)  u. „Rollendistanz“ (Goffmann)

 Letztlich: idealtypische Differenzierung; empirisch findet man typischerweise Mischformen vor  „Modelle“ oder „Idealtypen“ bezeichnen dominante (normative oder kognitive) Relevanzen und damit – pragmatisch gesehen – Entscheidungsprioritäten  Keines dieser „Modelle“ ist ausschließlich „erklärungskräftig“  Jede der mit diesen „Modellen“ bezeichneten Rahmenbedingungen und Relevanzen sozialen Handelns, Deutens und Erwartens eröffnet und beschränkt Möglichkeiten des Handelns  Jedes „Modell“ impliziert andere als die gewollten und/oder ungewollten ‚Effekte‘ bzw. (Neben-)Folgen

5. Soziologisches Denken – Anschluss VL 1

 Kontingenz und Konstruktivität von Theorien  Aus der Perspektivität und Rationalität und damit Historizität von Theorien und Beobachtungen folgt keineswegs die Beliebigkeit von Gegenstandsbezügen wie Theorieansätzen, sondern lediglich die Frage ihrer Gegenstandsangemessenheit  Bewährung statt Antirealismus: Plausibilität von Theorien aufgrund empirischer Analyse als Widerstands’erfahrung‘

Fazit

Post- bzw. antipositivistische Wissenschaftsphilosophie (1) Theorien sind empirisch unterdeterminiert: Beobachtungsdaten können mit mehreren, einander durchaus auch widersprechenden Theorien vereinbar sein (2) Empirische Beobachtungen sind theoriegeladen: Keine Beobachtung ist voraussetzungslos und Beobachtungen verändern sich entsprechend der gewählten Theorie

Kontrovers 1  Das Wie der Überprüfung (Verfikation – FalsifikationHeute Konsens: Falsfikation: daraus folgt der Imperativ zur Dauerreflexivität (Wissenschaft als Prozes) (Joas/Knöbl, S. 19) s)

Kontrovers 2

 Was ist eine Falsifikation und welche Reichweite hat sie (also ab wann ist eine Theorie falsifiziert?)  Beurteilungsabhängig

Kontrovers 3  Jede Falsifikation (Beobachtung) ist ihrerseits theoriegeleitet und somit nicht unabhängig, nicht „rein“ – welche „Basissätze“ (Popper) werden aus grundlegend angesetzt

Kontrovers 4  die alltägliche Vorverstandenheit der sozialen Welt (vgl. Giddens: doppelte Hermeneutik)

Arbeitsdefinition von Theorie: Ein verallgemeinernder Aussagenzusammenhang, der eine argumentative Verbindung aufweist und offen für eine methodische kontrollierte empirische Überprüfung ist, d. „Theorien als systematische Konstruktion von begründeten Aussagezusammenhänge“

Vorlesung 3: Sozialphilosophische Klassiker

1. Übersicht

Wegweisende Autoren

 Thomas Hobbes (05.04 – 04.12)  David Hume (26.04 – 25.08)  Jean Jacques Rousseau (28.06 – 02.07)  Adam Smith (05.06 – 17.07)

Entscheidende Werke

 Hobbes: De Homine – De Cive [Vom Menschen –Vom Bürger] (1642/58)  Hobbes: Leviathan (1651)  Hume: A Treatise of Human Nature (1739/40)  Hume: Essay of the Original Contract (1748)  Rousseau: Discours sur l‘origine ret les fondemens del‘inegalité parmi les hommes [Diskurs über die Ungleichheit] (1755)  Rousseau: Du Contract Social [Über den Gesellschaftsvertrag] (1762)  Smith: The Theory of Moral Sentiments [Die Theorie der ethischen Gefühle] (1759)  Smith: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations [Eine Untersuchung über die Natur und die Ursachen des Wohlstands der Nationen (1776)

2. Hobbes

Drei Grundsätze seines Denkens

„Homo homini lupus“ Der Mensch ist des Menschen Wolf „Bellum omnium contra/in omnes“ Der Krieg aller gegen alle „Voluntas non veritas facit legem“ Durch den Willen des Souveräns, nicht durch eine (objektive) Wahrheit werden die Gesetze geschaffen  Kontraktualismus: rationale vertragstheoretische Konstruktion  Negative Anthropologie („Homo homini lupus“)  Vergesellschaftungs- zugleich Herrschaftsvertrag  Zentrum: Ordnungsprobleme

3. Hume

Grundsätze seines Denkens

 Radikaler Empirist (Wissen ist auf Sinneseindrücke und Selbstwahrnehmung zurückzuführen)  Keine Erkenntnis kausaler Notwendigkeiten möglich: gewohnheitsmäßige Annahmen aufgrund von Regelmäßigkeiten  Handlungen erklären sich aus ablehnenden und befürwortenden Haltungen: deshalb das sog. „Humesche Gesetz“: keine Ableitung eines Sollens aus dem Sein  Menschen aufgrund natürlicher Knappheit auf soziale Kooperationen angewiesen  Im Schwanken zwischen Bedürftigkeit und Selbstsüchtigkeit führt zu Erfahrung von Einsicht, sich an Übereinkünfte zu halten: „Konventionen“  Gewohnheit: geteiltes Bewusstsein eines gemeinsamen Interesses  Haben sich Konventionen (Institutionen) eingespielt und ist ihr Nutzen allseitig erfahrbar, dann besteht allgemeines Interesse an deren Erhalt  Legitimität von Herrschaft qua Gewohnheit und Erziehung; Erklärungsaufgabe deshalb: Sozialisierung des Menschen

4. Rousseau

Soziale Ungleichheit

„Ich finde in der menschlichen Gattung zwei Arten der Ungleichheit. Die eine, die ich natürlich oder physisch nenne, weil sie von der Natur gesetzt ist und im Unterschied des Alters, der Gesundheit, der Körperkraft und der Eigenschaften des Geistes und der Seele besteht. Die andere, die man die moralische oder politische Ungleichheit nennen kann, weil sie von einer Art Übereinkunft abhängt. Sie ist durch die Zustimmung der Menschen gesetzt oder wenigstens ins Recht gesetzt worden. Diese besteht in den verschiedenen Privilegien, die einige zum Nachteil der andern genießen, wie etwa reicher, angesehener, mächtiger zu sein als andere oder gar Gehorsam von ihnen verlangen zu können.“ (77)

„Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und dreist sagte: ‚Das ist mein’ und so einfältige Leute fand, die das glaubten, wurde zum wahren Gründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, Leiden und Schrecken würde einer dem Menschengeschlecht erspart haben, hätte er die Pfähle herausgerissen oder den Graben zugeschüttet und seinesgleichen zugerufen: ‚Hört ja nicht auf diesen Betrüger. Ihr seid verloren, wenn ihr vergesst, dass die Früchte allen gehören und die Erde keinem!“ (191-193)

Aspekte „Wohlstand der Nation“

Arbeitsteilung

 Menschen, Unternehmen, Gebiete, Länder  Berufsbildung " Berufsspaltung " Arbeitszerlegung " Territoriale Arbeitsteilung  Stecknadelproduktion  Aufteilung erfolgt nach Begabung " höhere Geschicklichkeit " kürzere Lehrzeit  Entseelung, Krisenzeiten, kaum Berufswechsel

Prinzip des freien Marktes

 „Mensch: ein Tier, das Geschäfte macht, kein anderes Tier tut dies – kein Hund tauscht Knochen mit einem anderen“  „Gibt man... alle Systeme der Begünstigung und Beschränkung auf, so stellt sich ganz von selbst das einfache System der natürlichen Freiheit ein. Solange der Einzelne nicht die Gesetze verletzt, lässt man ihm völlige Freiheit, damit er das eigene Interesse in der ihm gemäßen Weise verfolgen kann.“  Selbstverantwortung, Entscheidungs- und Handlungsfreiheiten  Steuerung am/durch Markt  Angebot und Nachfrage  Privateigentum, freier Wettbewerb, freie Preisbildung, Gewerbefreiheit, Konsumfreiheit

Verteilungstheorie

 Kurzfristig: Konjunktur, Beschäftigung, Inflation  Langfristig: Wachstumstheorie  Lohn- und Preisniveau bestimmen sich am Markt  Lohn-Preis-Spirale

Rolle des Staates

 Staat spielt für den Markt keine Rolle  „Nachtwächterstaat“  Wirtschaftendes Subjekt hat größtmögliche Entscheidungsfreiheiten  Staatliche Kontrollen fallen weg (Laissez-faire)  Bereitstellung von „öffentlichen Gütern“ } Innere und äußere Sicherheit (Landesverteidigung und Polizei) } Justiz und Verwaltung } Bildungswesen } Infrastrukturelle Großprojekte (bspw. Wasserversorgung)

6. Vergleich

1. Anthropologische Alternative: a. negative Anthropologie (Hobbes) b. empirische Anthropologie (Hume) c. positive Anthropologie (Rousseau, Smith)

2. sozialtheoretische Alternative: a. Individualismus: Handeln (Hobbes) b. Holismus. System (Rousseau) c. Relationismus (Hume, Smith)

3. ordnungstheoretische Alternative: a. Kontraktualismus: Staat (Gemeininteresse) (Hobbes, Rousseau) b. Konvention (Institutionen: Erfahrung) (Hume) c. Unsichtbare Hand: Markt (Eigeninteresse) (Smith)

4. differenzierungstheoretische Alternative: a. Ungleichheit (Eigentum: Besitzende-Nicht-Besitzende) (Rousseau, Smith) b. Herrschaft (Sicherheit/Freiheit: Beherrschte-Herrschende) (Hobbes, Hume, Rousseau)

5. staatstheoretische Alternative: a. Eigentumsschutz (Rousseau, Smith) b. Aufrechterhaltung innerer/äußerer Ordnung/Sicherheit (Hobbes, Smith) c. Zustimmung/Anerkennung (Rousseau, Hume)

Vorlesung 4: Karl Marx

1. Grundzüge von Marx‘ Gesellschaftsanalyse

Materialistische Dialektik

 Hegel und Feuerbach als Inspirationsquelle  Aber: sowohl anderer Materialismus als der von Feuerbach als auch Umkehrung von Hegel  Akzentuierung einer anderen historischen Dynamik bei Marx

Marx’s Beitrag zur Soziologie

  1. Gesellschaft als eine Produktionsweise: sozio-ökonomische Perspektive
  2. Gesellschaft als Ungleichheitszusammenhang; herrschaftsanalytische Perspektive
  3. Gesellschaft als geschichtliches Produkt: historisch, evolutiv, politisch – Prozesse
  4. Gesellschaft als Ort der Erzeugung von Ideen: sozio-kulturell – Relationen

Marx‘ Methode ist eine dialektische

 These – Antithese – Synthese  Er übernimmt diese von Geord Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831)

Problemstellung bei Hegel

 Absoluter Geist, der dem Geist prinzipiell inhärent ist, aber aufgrund von Entfremdung (noch) nicht realisiert ist  D. dialektische Entwicklung (Fortschritt) des Geistes

Hegel „vom Kopf auf die Füße gestellt“

 Marx stellt seinem eigenen Bekunden zufolge dem Idealismus Hegels ein materialistisches Verständnis der Dialektik gegenüber: „Meine dialektische Methode ist der Grundlage nach von der Hegelschen nicht nur verschieden, sondern ihr direktes Gegenteil. Bei mir ist das ideelle nichts andres als das im Menschenkopf umgesetzte und übersetzte Materielle. Sie steht bei ihm auf dem Kopf. Man muss sie umstülpen, um den rationellen Kern in der mystischen Hülle zu entdecken.“

Materialismus und Feuerbach  Ludwig Feuerbach (1804-1872) kritisiert Hegels Idealismus und arbeitet die Rolle der Religion im Hinblick auf die (Selbst-)Entfremdung heraus  Marx geht insofern noch über Feuerbach hinaus, indem er spezifisch darauf verweist, was Feuerbachs eigenen Materialismus ausmacht:

2. Marx‘ historisch-materialistische Gesellschaftsanalyse und Geschichtstheorie

 Materialistisches Geschichtsverständnis  Basis-Überbau-Konzeption  Gesellschaftstransformationen: Das Verhältnis von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen  Logik des klassenanalytischen Entwicklungsgesetzes: Unterscheidung von fünf Stufen von Gesellschaftsformationen

Grundzüge

 Wichtig wird insbesondere Marx‘ materialistisches Verständnis von Geschichte „Die (1) Menschen (2) machen ihre (4) eigene (3) Geschichte, aber sie machen sie (5) nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern (6) unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen. Die (7) Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein (8) Alp auf dem Gehirne der Lebenden.

HandlungsanalytikStrukturanalytikals Prozesse

(1) Menschen Objekt: Akteure, Sozialität

(2) Machen Handeln, Gestaltungspotential

(3) Geschichte Historizität, Prozesse , Veränderung

(4) Eigene Subjektive Perspektive, Sinnbezug

(5) nicht auf frei en Stücken Nicht (nur) Wahl, Entscheidung

(6) unter unmittelbar vorgefundenen Umständen Struktur, Rahmenbedingungen, objektive Perspektive, objektive Realität

(7) Tradition Sedimentierung, sozio-historische Prozesse

(8) Alp Zwang, Gewalt

Materialistisches Geschichtsverständnis

 Umkehrung gegenüber Hegel (Priorität der materiellen Reproduktion des sozialen Lebens) und Dialektik (wechselseitige Konstitutionsbedingungen des Sozialen, d. des Materiellen und der ‚Ideen‘): }So ist zwar zu „unterscheiden zwischen den materiellen und den ideologischen Formen“, aber man muss „dies Bewusstsein aus den Widersprüchen des materiellen Lebens, aus dem vorhandenen Konflikt zwischen gesellschaftlichen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen erklären.“ }„Indem die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, produzieren sie indirekt ihr materielles Leben selbst. Die Weise, in der die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, hängt zunächst von der Beschaffenheit der vorgefundenen und zu reproduzierenden Lebensmittel selbst ab. Diese Weise der Produktion ist [...] schon [...] eine bestimmte Lebensweise [...] Wie die Individuen ihr Leben äußern, so sind sie. Was sie sind, fällt also zusammen mit ihrer Produktion, sowohl damit, was sie produzieren, als auch damit, wie sie produzieren. Was die Individuen also sind, das hängt ab von den materiellen Bedingungen ihrer Produktion.“ (Marx, MEW III: 21) }Diese Produktion tritt erst ein mit der Vermehrung der Bevölkerung. Sie setzt selbst wieder einen Verkehr der Individuen untereinander voraus. Die Form dieses Verkehrs ist wieder durch die Produktion bedingt. Die Beziehungen verschiedener Nationen untereinander hängen davon ab, wie weit jede von ihnen ihre Produktivkräfte, die Teilung der Arbeit und den innern Verkehr entwickelt hat. [...] Aber nicht nur die Beziehung einer Nation zu andern, sondern auch die ganze innere Gliederung dieser Nation selbst hängt von der Entwicklungsstufe ihrer Produktion und ihres innern und äußern Verkehrs ab. Wie weit die Produktionskräfte einer Nation entwickelt sind, zeigt am augenscheinlichsten der Grad, bis zu dem die Teilung der Arbeit entwickelt ist. Jede neue Produktiv- kraft, sofern sie nicht eine bloß quantitative Ausdehnung der bisher schon bekannten Produktivkräfte ist (z. Urbarmachung von Ländereien), hat eine neue Ausbildung der Teilung der Arbeit zur Folge.“ (Marx, MEW III: 21/22)

 Geschichtsschreibung der Menschen hängt von materiellen Bedingungen ab  Diese materiellen Bedingungen werden vorgefunden und stets auch selbst produziert (und sind damit für folgende Generationen wiederum vorzufinden)  Geschichte ist ein Entwicklungsprozess, dessen dynamisierender wie ‚determinierender‘ Faktor im Bereich der Produktion zu lokalisieren ist  Grundlage für Marx‘ materialistisches Gesellschafts- und Geschichtsverständnis: Basis-Überbau-Konzeption

Basis-Überbau-Konzeption

„Meine Untersuchung mündete in dem Ergebnis, dass Rechtsverhältnisse wie Staatsformen weder aus sich selbst zu begreifen sind noch aus der sogenannten allgemeinen Entwicklung des menschlichen Geistes, sondern vielmehr in den materiellen Lebensverhältnissen wurzeln, deren Gesamtheit Hegel ... unter dem Namen ‚bürgerliche Gesellschaft‘ zusammenfasst, dass aber die Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft in der politischen Ökonomie zu suchen sei. [...] Das allgemeine Resultat, das sich mir ergab... kann kurz formuliert werden: In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen.“

„Die Gesamtheit [der] Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewusstseins- formen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozess überhaupt. Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt. In der Betrachtung solcher Umwälzungen muss man stets unterscheiden zwischen der materiellen ... Umwälzung in den ökonomischen Produktionsbedingungen und den juristischen, politischen, religiösen, künstlerischen oder philosophischen, kurz, ideologischen Formen, worin sich die Menschen dieses Konflikts bewusstwerden und ihn ausfechten.“

Basis

Produktivkräfte : Ressourcen (Natur- bzw. Bodenschätze) und Fähigkeiten (Wissenschaft, Technologien, Intelligenz, Fertigkeiten), mit deren Hilfe Menschen Produkte zur Sicherung des menschlichen Lebens herstellen  Produktionsverhältnisse : Institutioneller Rahmen der menschlichen Arbeit in Form von Eigentumsrechten, Klassenverhältnissen, Mustern der Arbeitsorganisation und der Handelsbeziehungen

Überbau

 Institutionen und „Bewusstseinsformen“  Recht, Rechtsbewusstsein, Politik, politische Kultur, Kunst, Literatur, Philosophie, Architektur, Religion, Wissenschaft

Historische Dynamik

 Gesellschaftsformationen: Gesamtgesellschaftliche Konstellationen des Verhältnisses von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen  Die Basis wandelt sich durch ein sich veränderndes Verhältnis von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen  Deren jeweiliger Charakter und ihr Verhältnis zueinander ist die Grundlage für unterschiedliche Ausprägungen von Gesellschaftsformationen  Produktivkräfte entwickelt sich weiter, Produktionsverhältnisse bleiben zunächst bestehen  Dadurch kommt es zu einem Spannungsverhältnis bzw. letztlich zu einem Widerspruch zwischen beiden Dimensionen (im dialektischen Sinne)  D. diese Situation kann nur in einer nächsten Entwicklungsstufe, also durch die Entstehung veränderter (angepasster) Produktionsverhältnisse (und auch nur vorübergehend) aufgehoben werden }„Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb derer sie sich bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um.“ }„Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist eine Geschichte von Klassenkämpfen.“ }„Unterdrückter und Unterdrückte führten einen ununterbrochenen Kampf, einen Kampf, der jedes Mal mit einer revolutionären Umgestaltung der ganzen Gesellschaft endet.“

 Allgemeines historisches Entwicklungsgesetz }Zentralisierung in der kapitalistischen Produktion erhöht potentiell Interaktion zwischen Lohnarbeiten }Aus „Klassen an sich“ (objektiv) wird „Klasse für sich“ (subjektiv) mit Klassenbewusstsein }Revolution führt schließlich zur letzten denkbaren Stufe des Entwicklungsprozesses von Gesellschaftsformationen: zur Kommunistischen Gesellschaftsformation

Revolutionäre Handlungspotentiale  Höhere Interaktionsdichte in modernen Arbeitskonstellationen  Entstehen eines Klassenbewusstseins: „Klasse an sich“ wird zu „Klasse für sich“ }„Das ist so wahr, dass die englischen Ökonomen ganz erstaunt sind zu sehen, wie die Arbeiter einen großen Teil ihres Lohnes zugunsten von Assoziationen opfern, die in den Augen der Ökonomen nur zugunsten des Lohnes errichtet wurden. In diesem Kampfe - ein veritabler Bürgerkrieg - vereinigen und entwickeln sich alle Elemente für eine kommende Schlacht. Einmal auf diesem Punkte angelangt, nimmt die Koalition einen politischen Charakter an. Die ökonomischen Verhältnisse haben zuerst die Masse der Bevölkerung in Arbeiter verwandelt. Die Herrschaft des Kapitals hat für diese Masse eine gemeinsame Situation, gemeinsame Interessen geschaffen. So ist diese Masse bereits eine Klasse gegenüber dem Kapital, aber noch nicht für sich selbst. In dem Kampf, den wir nur in einigen Phasen gekennzeichnet haben, findet sich diese Masse zusammen, konstituiert sie sich als Klasse für sich selbst. Die Interessen, welche sie verteidigt, werden Klasseninteressen. Aber der Kampf von Klasse gegen Klasse ist ein politischer Kampf.“ }„Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“

Entwicklungsgeschichtliches Stufenmodell

Historischer Kontext

 Leitende historische Perspektive: Maréchals „Manifest der Gleichen“ (1796)  Generalisierung der Strukturlogik der Französischen Revolution  Damit ‚analytische‘ Gleichsetzung von bürgerlicher und entworfener proletarischer Revolution  Problem: nicht realisierte gesellschaftsstrukturelle Voraussetzungen

3. Die Produktion von Mehrwert und Entwicklungsgesetz

 Werttheorie  Allgemeines historisches Entwicklungsgesetz  Zur Lektüre: Marx „Lohn, Preis, Profit“ (1865)

Gliederung

Teil A): Kritik (abs. 1-5, S. 103- 121): vs. „Bürger Weston“: Zirkularitätsvorwurf (119, 212)

Teil B) Systematik (Abs. 6-14, S. 121-152): Marx‘ Position

Teil a) (121- 129, Abs. 6): Wert einer Ware (Markt, Preis, Profit)

Wert einer Ware : relational  Bezugspunkt : gesellschaftliche Arbeit (Ware: gesellschaftliches Bedürfnis, gesellschaftliche Arbeitsteilung)  Waren als Werte : kristallisierte gesellschaftliche Arbeit, d. relational zum Arbeitsquantum in einer bestimmten Gesellschaftsformation  Analytisch zu trennen : Arbeitsquantum und Arbeitslohn: „Arbeitslöhne werden ihre Grenzen haben an den Werten der Produkte, aber die Werte ihrer Produkte werden nicht ihre Grenzen haben an ihren Arbeitslöhnen.“  Zu beachtende Arbeitsquanta : in Produkt wie in Rohstoffe wie in Maschinen für beides  Arbeitsquanta : regulierbar  „Wechsel in der Produktivkraft der angewandten Arbeit“  Aspekte : Fertigkeiten, Naturbedingungen, Technisierung  „Allgemeines Gesetz“ : „Die Werte der Waren sind direkt proportional der auf ihre Produktion angewandten Arbeitszeiten und umgekehrt proportional der Produktivkraft der angewandten Arbeit“ (27)  Geld als Medium (vgl. Schimmel, Parsons, Luhmann)  Werte – Marktpreise (abhängig von Angebot und Nachfrage)  Profite : leiten sich aus dem Verhältnis des Preises beim Verkauf zu ihren Werten her

Teil b) (129- 132, Abs. 7): Wert der Arbeitskraft

 Arbeiter verkauft Arbeitskraft (130)  „Ursprüngliche Akkumulation“ als „Ursprüngliche Exploration“: Auflösung „der ursprünglichen Einheit zwischen dem Arbeitenden und seinen Arbeitsmitteln“ (131)  Qualifizierte – unqualifizierte Arbeit; vs. Gleichheit der Löhne  Wert der Arbeitskraft ebenso sozio-historisches Produkt wie der Wert jeder anderen Ware („soziale Konstruktion“ (131f.)

Teil c) (132- 141, Abs. 8-12): Produktion von Mehrwert

 Wert der Arbeitskraft ebenso sozio-historisches Produkt wie der Wert jeder anderen Ware („soziale Konstruktion“)  Mehrwerterzeugung: Differenz des Wertes der Erhaltung der Arbeitskraft (Reproduktionsniveau) vs. des Wertes der Nutzung der Arbeitskraft (Energieniveau)  Mehrarbeit – Mehrprodukt€  Mehrwertrate abhängig von der Differenz zwischen Reproduktionsarbeitszeit und „Mehrarbeitszeit“ (134)  objektiver Verblendungszusammenhang auf der Zeitebene: bezahlt vs. unbezahlte Arbeit – Verschleierung der Differenz  Generatoren von Mehrwert: Rente, Zins, industrieller Profit als Aspekte der unbezahlten Arbeit (136-138)  Menge des Profits – Rate des Profits (Profit vs. Profitrate)  Erneut: „allgemeines Gesetz“ (141; vgl. 127)  Neben der bereits festgestellten sozio-historischen Variabilität („sozialen Konstruktion“) des Wertes der Arbeitskraft (131f.) nun auch  sozio-historische Variabilität („soziale Konstruktion“) der Bestimmung der „Produktivität der Arbeit“ (141)

Teil d) (141- 152, Abs. 13- 14): Konsequenzen: Lohnsteigerung sversuche

 Steigerung des Arbeitslohnes? } Wert der Arbeitskraft } Wert der Lebensmittel } Grenzen des Arbeitstages } Phasenabhängigkeit des Arbeitslohnes } Arbeitskampf

 Erfolgsaussichten? } Wert der Arbeit: Maximum des Profits begrenzt durch Minimum des Arbeitslohnes und Maximum der Länge des Arbeitstages (149) } Mit dem „Fortschritt der Industrier hält die Nachfrage nach Arbeit nicht Schritt mit der Akkumulation des Kapitals“ (151), d. es ist höchste Zeit

 Beschlussvorschläge

Werttheorie

 Einfache Produktionsbedingungen }Gebrauchswert im Fokus  Gebrauchswert: der Nutzen, den eine Ware für den Konsumenten in Abhängigkeit von seinen Bedürfnissen hat Warenverkauf (Eigenprodukte) – Geld – Warenerwerb (zur Bedürfnisbefriedigung) " W-G-W Entwickelte Produktionsbedingungen }Tauschwert und Mehrwert im Fokus Tauschwert: umfasst die Arbeitszeit, die auf einem bestimmten gesellschaftlichen Entwicklungsniveau in die Herstellung einer Ware gesteckt werden muss Mehrwert: der über die Kosten der Arbeitskraft und der für die Erzeugung einer Ware aufzuwendenen Produktionsmittel hinausgehende Erlös des Unternehmers }Geld (Investitionen) " Warenproduktion und -verkauf " Geldgewinn (Profit) = G-W-G‘ }G-W-G‘ = Akkumulation von Kapital, d. Investitionsmitteln (Reichtum)

 Traditionelle (einfache) Wirtschaftsweise: W – G – W (kaufen, um zu konsumieren)  Kapitalistische (entwickelte) Wirtschaftsweise: G – W – G‘ (kaufen, um mit Gewinn zu verkaufen) d. Kapital wird investiert um Profit bzw. einen Mehrwert (G‘ minus G) zu erzielen  Doppelter Widerspruch der kapitalistischen Produktionsweise }Zwischen gesellschaftlicher Produktion und individueller Aneignung des Profits }Zwischen Lohnarbeitern und Kapitalist  Konsequenz: Entfremdung zwischen (Lohn-) Arbeit und Kapital – zeitdiagnostisches Profil

„Objektivität“ der gesellschaftlichen Verhältnisse als Entfremdungskonstellation: „Das geheimnisvolle der Warenform besteht also einfach darin, dass sie den Menschen die gesellschaftlichen Charaktere ihrer eigenen Arbeit als gegenständliche Charaktere der Arbeitsprodukte selbst, als gesellschaftliche Natureigenschaften der Dinge zurückspiegelt, [und] daher auch das gesellschaftliche Verhältnis der Produzenten zur Gesamtarbeit als ein außer ihnen existierendes gesellschaftliches Verhältnis von Gegenständen.“

Entfremdungsdiagnose  Resultat dieses Prozesses: vielsichtige Entfremdungsphänomene }Entfremdung vom Arbeitsprozess, Produkt/Produzierten, der Natur, Selbstentfremdung und der Menschen voneinander

Erstes Prinzip der Konstitutionsanalyse

„Die erste und grundlegendste Regel besteht darin, die sozialen Tatbestände [soziologisch] wie Dinge zu betrachten. ... Ein Ding ist alles, was gegeben ist, was sich der Beobachtung anbietet oder vielmehr sich ihr aufdrängt. ... Was uns gegeben ist, ... ist die Gesamtheit der Regeln, die das Handeln tatsächlich bestimmen. ... [Es] wird ein Ding hauptsächlich daran erkannt, dass es durch einen bloßen Willensentschluss nicht veränderlich ist. ... Wir müssen die sozialen Erscheinungen in sich selbst betrachten, losgelöst von den bewussten Subjekten, die sie sich vorstellen; wir müssen sie von außen, als Dinge der Außenwelt betrachten.“ (Durkheim 1895: 115, 125, 126)

Zweites Prinzip der Konstitutionsanalyse

„Der erste Ursprung eines jeden sozialen Vorgangs ... muss in der Konstitution des inneren sozialen Milieus gesucht werden“ – d. Soziales ist durch Soziales zu erklären. (Durkheim 1895: 194f.)

2. Dreischrittiges Erklärungsprofil der Soziologie

(1) Funktion sozialer Phänomene

 „Die Funktion eines sozialen Phänomens kann nicht anders als sozial sein, d. sie besteht in der Erzeugung von Wirkungen, die sozial nützlich sind. ... Die Funktion eines sozialen Phänomens muss immer in Beziehung auf einen sozialen Zweck untersucht werden.“

(2) Kausale Entstehung sozialer Phänomene

 „Die Erklärung/Deutung [d‘expliquer] eines sozialen Phänomens ... muss die wirkende Ursache, von der es erzeugt wird“ untersuchen. ... „Die wirkende Ursache [la cause efficiente/déterminante] eines sozial Geformten muss in den sozialen Phänomenen, die ihm zeitlich vorausgehen ... gesucht werden. Der erste Ursprung eines jeden sozialen Vorgangs ... muss in der Konstitution des inneren sozialen Milieus gesucht werden.“

(3) Unterscheidung des Normalen vom Pathologischen sozialer Phänomene

 „Eine [soziale] Tatsache in Beziehung auf den Normaltypus [muss] als nützlich oder notwendig befunden werden, um selbst als normal bestimmt werden zu können.“  „Wir werden diejenigen Tatbestände normal nennen, die die allgemeinen (d. also typischen, regelmäßigen) Erscheinungsweisen zeigen, und wir werden den anderen [Tatbeständen, die nur ausnahmsweise vorkommen,] den Namen krankhaft oder pathologisch beilegen.“

3. Zusammenfassung

Zwei konstitutionsanalytische Prinzipien 1) Soziale Phänomene soziologisch wie Dinge betrachten 2) Soziales durch Soziales erklären

Dreischrittiges Erklärungsprofil für die soziologische Interpretation/Erklärung historisch-spezifischer sozialer Phänomene, insbes. von Gesellschaften sind zu bestimmen deren: }Funktionalität }Kausalität }Normalität

3. Die gesellschaftliche Perspektive

(Exemplifizierung Erklärungsprogramm)

1. Dreigliedriger Aufbau analog zum Erklärungsprogramm

(1) Funktionszusammenha ng zwischen Arbeitsteilung und Solidaritätsformen

 Gesellschaftsverständnis: } Gesellschaften als historisch realisierte Sozialformen menschlichen Zusammenlebens, die generell durch eine (mehr oder weniger ausgeprägte) Arbeitsteiligkeit ihres Reproduktionsprozesses und dadurch bedingte Differenzierungsformen geprägt sind

 Grundproblem/Grundfrage: } Ist das Verhältnis zwischen sozialer Solidarität und (fortschreitender) Arbeitsteilung wirklich antinomisch? } D. zerbrechen Gesellschaften nahezu notwendig an einer fortschreitenden und dann irgendwann zu sehr fortgeschrittenen Arbeitsteiligkeit ihres Reproduktionszusammenhangs?

(2) Ursachen des notwendigen Fortschreitens der Arbeitsteilung

Historische Logik , historisches Entwicklungsprinzip: }„Die Arbeitsteilung ändert sich im direkten Verhältnis zum Volumen und zur Dichte der Gesellschaften; wenn sie [die Arbeitsteilung] also im Lauf der sozialen Entwicklung ständig fortschreitet, so deshalb, weil die Gesellschaften regelmäßig dichter und ganz allgemein umfangreicher sind.“ (Durkheim 1893: 321)

D. zwei Aspekte des dynamisierenden Prinzips }Bevölkerungswachstum (Umfangssteigerung) }Urbanisierungsprozesse (Verdichtungsprozesse)

}

(3) Pathologische Folgen und Fragen sozialer Integration

Konsequenz: }„Tiefgreifende Veränderungen haben sich innerhalb sehr kurzer Zeit in der Struktur unserer Gesellschaften vollzogen. Sie haben sich mit einer Geschwindigkeit und in einem Ausmaß vom segmentären Typus befreit, für welche die Geschichte kein anderes Beispiel bietet. Folglich ist die Moral, die diesem [also dem segmen- tären] Sozialtypus entsprach, verkümmert, ohne dass sich an deren Stelle die neue [Moral] genügend rasch entwickelt hat, um den Raum zu füllen, den die andere in unserem Bewusstsein hinterlassen hat. Unser Glaube ist erschüttert; die Tradition hat ihre Herrschaft einge- büßt; das individuelle Urteil hat sich vom Kollektivurteil gelöst.“ (Durkheim, Arbeitsteilung; 1893: 479)

Kollektivbewusstsein : }Mit dem Begriff des Kollektivbewusstseins werden von Durkheim dann alle kulturellen, sozialen und moralischen Gewohnheiten, Überzeugungen und Bräuche (1901: 99), die „Typen des Verhaltens und des Denkens“ (1895: 106), die in einer Gesellschaft wirksamen „Glaubensvorstellungen“ und die durch sie „festgesetzten Verhaltensweisen“ (1901: 100) umschrieben, also „die und Gefühle im Durchschnitt der Mitglieder Gesamtheit der gemeinsamen religiösen Überzeugungen einer bestimmten Gesellschaft“ (1893: 128). }„[Und diese] Glaubensvorstellungen und durch die Gesellschaft festgesetzten Verhaltensweisen [kann man, so Durkheim] Institutionen nennen; die Soziologie kann also definiert werden als die Wissenschaft von den Institutionen, deren Entstehung und Wirkungsart. ... Unser Grundprinzip [ist also] die objektive Realität der sozialen Phänomene.“ }Unter Institutionen versteht Durkheim „jede mehr oder minder festgelegte Art des Handelns, die die Fähigkeit besitzt, auf den einzelnen einen äußeren Zwang auszuüben; oder auch, die im Bereiche einer gegebenen Gesellschaft allgemein auftritt, wobei sie ein von ihren individuellen Äußerungen unabhängiges Eigenleben besitzt.“ (Durkheim, Regeln 1895: 111)

2. Typik: Gesellschaftstypen

3. Lektüre: „Über die Teilung der sozialen Arbeit“ (1893)

Zwei Arten positiver Solidarität:

a) Individuum – Gesellschaft

 kollektiver Typus, organisierte Gesamtheit: } die individuelle Persönlichkeit geht in der kollektiven Persönlichkeit auf

b) Individuum – funktional-spezifische Beziehzungen - Gesellschaft

 nur möglich, wenn jeder eine Persönlichkeit hat } die Einheit des Organismus ist umso größer, je stärker die Individualität der Teile ausgeprägt ist

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Zusammenfassung

Kurs: Grundzüge der Soziologie II (14302596)

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Universität: Universität Trier

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Vorlesung 1: Einführung
1. Thomas-Theorem
„Wenn Menschen Situationen als real definieren, so sind auch ihre Folgen real.
Exemplarisch bedeutet das:
Ein Dokument, das von jemandem stammt, der einen Minderwertigkeitskomplex besitzt oder an einem Verfolgungswahn leidet, ist denkbar
weit von der objektiven Wirklichkeit entfernt, aber das Bild, das sich der Betreffende von der Situation macht, ist zweifellos ein sehr
wichtiger Faktor für die Interpretation. Denn sein unmittelbares Verhalten hängt eng mit seiner Situationsdefinition zusammen, die
entweder der objektiven Wirklichkeit oder seiner subjektiven Vorstellung entsprechen kann.
Deutung Deutung- bzw. Interpretations- oder Verstehensprozesse sind subjektiv, wenn auch sozial geformt
Deuten und Verstehen bleiben sowohl auf der Ebene des Alltags als auch im Kontext von Wissenschaft abhängig von
(eingenommenen und nur mehr oder wenig bewussten) Perspektiven
Situation subjektiv gedeutete Situation
objektiv identifizierbare Situation
Problem 1 Diese Unterscheidung bleibt dauerhaft ein Problem und ist keineswegs stets so vermeintlich einfach
wie im Fall von Romeo und Julia sowohl die Erhebung bzw. Feststellung der subjektiven
Situationsdefinition als auch die Bestimmung der ‚objektiven‘ Lage bleiben gebunden an
Interpretationsprozesse.
Problem 2 Was gehört zur Situation?
Elemente jeder Situation nach dem Thomas-Theorem:
Objektive Bedingungen und Strukturen
Subjektive Handlungsmotive und Einstellungen
Deutung der objektiven Bedingungen und das subjektive Bewusstsein von den eigenen Einstellungen zu diesen
Zusammenhang/Verhältnis dieser Deutungen
" Strukturen/strukturelle Rahmenbedingungen
" Handlungen/Handeln
" Deutungen/Interpretationen/Erwartungen
Das Thomas-Theorem impliziert dabei als soziologische Erklärungsperspektive:
Zusammenhang der Deutung sozialer Situationen mit:
}dem dieses vorausgehende Handeln (Vergangenheitsbezug)
}dem in diesen sich vollziehenden Handeln (Gegenwartsbezug)
}dem auf dieses bezogene und dem auf dem folgenden Handeln (Zukunftsbezug)
" Zusammenhang der drei Zeitdimensionen
" Zusammenhang von Handeln und Struktur (von eher situativen und eher sich stabil/dauerhaft durchhaltender Aspekte einer Situation
Folgerungen
(1) Menschen handeln stets auf der Grundlage der Bedeutungen, die bestimmten Dingen für sie zukommen [strukturierend, prägend]
(2) Diese Bedeutungen sind soziale Produkte, denn sie entstehen in Interaktionen mit anderen [sozial und historisch konstituiert]
(3) In sozialen Interaktionsprozessen werden diese Bedeutungen immer wieder modifiziert und/oder es entstehen neue Bedeutungen
[strukturiert, geprägt]
2. Soziale Logik
Thematisierte soziale Logik:
Soziale (gesellschaftliche, öffentliche) Konstellationen und Strukturen beeinflussen einerseits individuelles und Gruppenhandeln, welches
andererseits aber gleichzeitig die sozialen Konstellationen und Strukturen erst erzeugt, in denen dieses Handeln vollzogen wird.
= wechselseitiges Konstitutionsverhältnis (d.h. Bedingungs- und Erzeugungsverhältnis) von Gesellschaft und Individuum bzw. von
Strukturen und Handlungsvollzügen: strukturiert und strukturierend (geprägt und prägend)
Die Wirkungen (Effekte) des subjektiv bewusst oder objektiv (nicht bewusst) koordinierten und/oder unkoordinierten
Zusammenhandelns von Menschen übersteigen nicht nur die Wirkungen (Effekte) einzelner Handlungen, sondern erzeugen auch völlig
neue soziale Realitäten
= Effekte, die Wirkungen individuellen Handelns übersteigen:
Struktureffekte
Aggregationseffekte
Kompositionseffekte
kumulative Effekte
" Phänomene sozialer Emergenz
Zusammenhang, d.h. wechselseitiges Bestimmungsverhältnis von:
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