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EA 6 Insolvenzrecht

Fall zum Insolvenzrecht
Kurs

Modul 9-Bürgerliches Recht III (55108)

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Akademisches Jahr: 2021/2022
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Verf.: Dr. Eva Feldmann

Lösungshinweise

Zu Aufgabe 1 Der Geschäftsführer einer GmbH wird gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG als deren Vertreter tätig. Gemäß § 164 BGB wird aus solchen Rechtsgeschäften daher ausschließlich die GmbH, nicht aber der Geschäftsführer selbst berechtigt und verpflichtet. Daher besteht im Außenverhältnis zu Dritten grundsätzlich keine Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Dies schließt aber ledig- lich eine vertragliche Haftung aus. Unter deliktsrechtlichen Gesichtspunkten kommt dagegen eine Haftung in Betracht.

1. Ansprüche der Arbeitnehmer Fraglich ist, ob die Arbeitnehmer der X-GmbH einen Anspruch direkt gegen A selbst haben. Den Arbeitnehmern der Gesellschaft steht aus den geschlossenen Arbeitsver- trägen ein vertraglicher Vergütungsanspruch gegen die GmbH zu. A hat die Gesellschaft bei Abschluss der Arbeitsverträge lediglich vertreten. Daher scheidet eine Haftung des A grundsätzlich aus. Die bloße Nichtbeglei- chung der Vergütungsansprüche durch A stellt auch im Falle der Insolvenz kein deliktisches Verhalten dar, das Schadensersatzansprüche begründen könnte.

2. Ansprüche des Lieferanten L Zu prüfen ist, ob der Lieferant L gegen den A persönlich einen Anspruch hat.

a) Vertragliche Ansprüche L stehen grundsätzlich nur vertragliche Kaufpreisansprüche g egen seine Ve r- tragspartnerin, die X-GmbH, zu.

b) Deliktische Ansprüche L könnte gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 823 Abs. 2, 826 BGB haben. Das setzt voraus, dass A den L vorsätzlich sittenwidrig schädigte bzw. gegen ein Schutzgesetz verstoßen hat.

aa) Verstoß gegen § 263 Abs. 1 StGB Der Verstoß gegen ein Schutzgesetz könnte durch einen Verstoß gegen § 263 Abs. 1 StGB zu bejahen sein. Wenn A bereits bei der Materialbestellung wusste, dass die daraus resultierenden Zahlungsansprüche von der Gesell- schaft nicht mehr würden erfüllt werden können, stellt dies eine vorsätzliche Täuschung des L dar, durch welche die Materiallieferung ausgelöst wurde.

Verf.: Dr. Eva Feldmann

Für den Nachweis des betrügerischen Verhaltens, insbesondere des Vorsat- zes, kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Der äußerst zeitnahe Insolvenzantrag nach der Materialbestellung spricht allerdings dafür. Somit liegt (wohl) ein Verstoß gegen § 263 Abs. 1 StGB vor.

bb) Verstoß gegen § 15a InsO Unabhängig davon könnte der A aber auch gegen § 15a Abs InsO versto- ßen haben. Danach ist der Geschäftsführer einer GmbH verpflichtet, im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft unverzüglich Insolvenzantrag zu stellen. Die Zahlungsunfähigkeit besteht, wenn die Gesell- schaft nicht mehr in der Lage ist, wesentliche Zahlungspflichten bei Fälligkeit zu erfüllen. Dies ist vorliegend der Fall. Da A dennoch zunächst kein Insolvenzantrag gestellt hat, liegt eine gemäß § 15a Abs. 4 InsO strafbare Insolvenzverschleppung vor. Damit hat A gegen das Schutzgesetz des § 15a InsO verstoßen.

cc) Umfang der Ersatzpflicht Bei der Schadensersatzpflicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB ist nach der Recht- sprechung des Bundesgerichtshofes zu unterscheiden. Gläubiger, deren Ansprüche bereits vor der Insolvenzreife begründet waren (z. die Arbeitnehmer der Gesellschaft), haben Schadensersatzansprüche gegen den Geschäftsführer wegen Insolvenzverschleppung nur, wenn sie nachweisen können, dass durch die verspätete Insolvenzantragsstellung ihre Insolvenzquote reduzi ert wurde („Quotenschaden“). Dieser Nachweis ist in der Praxis nahezu ausgeschlossen. Gläubiger, deren Forderungen erst nach Eintritt der Insolvenzreife begründet wurden (sogenannte Neugläubiger), haben gegen den Geschäftsführer da- gegen einen Schadensersatzanspruch in voller Höhe, da sie im Falle des rechtzeitigen Insolvenzantrages ihre Leistung an die Gesellschaft nicht mehr erbracht hätten.

Mithin kann L von A Schadensersatz verlangen.

3. Ansprüche des Insolvenzverwalters Der Insolvenzverwalter R könnte gegen A gemäß § 64 GmbHG einen An- spruch den Ersatz von Zahlungen verlangen, die nach dem Eintritt der Zah- lungsunfähigkeit der Gesellschaft vom Geschäftsführer an Dritte zu Lasten des Gesellschaftsvermögens geleistet worden sind. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Zahlung mit der Sorgfalt eines ordentli- chen Kaufmannes vereinbar war.

Verf.: Dr. Eva Feldmann

c) Weder vom Schuldner noch vom anderen Teil vollständig erfüllt Des weiteren dürfte der Vertrag weder vom Schuldner noch vom anderen Teil vollständig erfüllt worden sein.

aa) Hier hat der Schuldner S hat noch nicht geliefert, seine Leistungspflicht aus § 433 I 1 BGB somit noch nicht erfüllt.

bb) K hat erst 300,00€ gezahlt, also noch nicht den vollen Kaufpreis iHv 1,00€ und somit seine Leistungspflicht aus § 433 II BGB noch nicht voll- ständig erfüllt

2: Wahlrecht des Insolvenzverwalters I kann anstelle des S den Vertrag erfüllen und vollständige Erfüllung von K verlangen (§ 103 I Hs. 2 InsO) oder die Erfüllung ablehnen (§ 103 II 1 Hs. 1 InsO). Die Entscheidung des I, Erfüllung zu wählen oder nicht, hängt davon ab, was günstiger für die Masse ist

a) Wenn I Erfüllung verlangt, kann er Zahlung weiterer 9 00 ,- € von K verlan- gen. Im Gegenzug muss er K dann aber einen Crosstrainer liefern, welchen er erst noch für 600,- € beschaffen muss (Bezahlung aus der Masse). Im Er- gebnis könnten für die Masse so dennoch 300 € gewonnen werden (9 00 € abzüglich 600 €).

b) Lehnt I die Erfüllung ab, kann K zwar die bereits erbrachten 3 00 ,-€ nicht zurückfordern, denn der Vertrag selbst bleibt bestehen und auch die Erfül- lungsansprüche erlöschen nicht; die Eröffnung des Insolvenzverfahrens be- wirkt keine materiell-rechtliche Umgestaltung des gegenseitigen Vertrages. Es bleibt dann grundsätzlich bei den mit der Eröffnung des Insolvenzverfah- rens verbundenen Folgen, dh K muss seinen Erfüllungsanspruch zur Tabelle anmelden (Anspruch auf Lieferung des Crosstrainers wird umgerechnet in Geld). Alternativ steht ihm eine Forderung wegen Nichterfüllung zu (§ 103 II 1 In- sO). Aber auch diese kann er nur als einfacher Insolvenzgläubiger geltend machen. Egal wie K sich entscheidet, in keinem Fall aber würden der Masse weitere Vermögenswerte zufließen. Folglich ist eine Ablehnung der Erfüllung nicht günstiger für die Masse als die Wahl der Erfüllung. Damit ist die Wahl der Erfüllung für die Masse günstiger.

c) Fraglich könnte aber sein, wie sich die vor Eröffnung des Insolvenzverfah- rens vorgenommene Globalzession auswirkt.

Verf.: Dr. Eva Feldmann

aa) Die Abtretung entfaltet Wirksamkeit in dem Zeitpunkt, in dem die im Vo- raus abgetretene Forderung entsteht. Die Abtretung erfolgte in 2008. Die Kaufpreisforderung gegen K ist am 2.3 entstanden, also bereits am 2.3 auf die Zessionarin B übergegangen.

bb) Dem würde an sich auch nicht § 91 I InsO entgegenstehen. Diese Norm erfasst ausweislich ihres Wortlautes nur Fälle, in denen Rechte an Gegen- ständen der Insolvenzmasse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erwor- ben werden sollen. Das Insolvenzverfahren wurde jedoch erst am 1. eröffnet. In diesem Zeitpunkt hatte die B die Forderung gegen K jedoch längst erworben. Folge wäre dann, dass der Kaufpreis dann an B als Insol- venzgläubigerin abgeführt werden müsste.

cc) Es könnte sich aber aufgrund der Besonderheiten des § 103 InsO etwas anderes ergeben. Nach dem BGH bewirkt die Erfüllungswahl des Insolvenz- verwalters eine Veränderung der rechtlichen Qualität der mit Verfahrenser- öffnung suspendierten Erfüllungsansprüche für die Zwecke und während der Dauer des Insolvenzverfahrens. Dem Hauptleistungsanspruch des Schuldners wird durch die Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters die spezifische Recht s- qualität einer originären, dh nicht vom Schuldner abgeleiteten, Masseforde- rung zugewiesen. Diese durch die Erfüllungswahl bewirkte Änderung der Rechtsqualität (deshalb sog. Qualitätssprungtheorie) macht die mit Verfah- renseröffnung suspendierten Erfüllungsansprüche insolvenzrechtlich zu neu- en und damit durchsetzbaren Ansprüchen der und gegen die Masse, die mit den ursprünglichen Erfüllungsansprüchen zwar inhaltlich, aber nicht rechtlich identisch sind. Die vor Insolvenzeröffnung durch Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Vertragspartner begründeten Erfüllungsansprüche wer- den nach der Erfüllungswahl insolvenzrechtlich so behandelt, als seien sie durch einen neuen, nach Insolvenzeröffnung zwischen dem Insolvenzverwal- ter und dem anderen Teil geschlossenen Vertrag begründet worden. Folge ist, dass der Anwendungsbereich des § 91 I InsO eröffnet ist. Folglich geht die Globalzession hinsichtlich der Kaufpreisforderung gegen K ins Leere.

Ergebnis: I wird Erfüllung des Vertrages gemäß § 103 I InsO wählen.

Aufgabe 3 Der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des I unterfällt nur die Insolvenz- masse, also die Sachen und Rechte, die dem B zum Zeitpunkt der Verfah- renseröffnung zustehen, § 35 InsO.

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Einsendeaufgabe zum Kurs 55108, Teil 3 (Insolvenzrecht) SS 2015 1
Verf.: Dr. Eva Feldmann
Lösungshinweise
Zu Aufgabe 1
Der Geschäftsführer einer GmbH wird gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG als deren
Vertreter tätig. Gemäß § 164 BGB wird aus solchen Rechtsgeschäften daher
ausschließlich die GmbH, nicht aber der Geschäftsführer selbst berechtigt
und verpflichtet. Daher besteht im Außenverhältnis zu Dritten grundsätzlich
keine Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Dies schließt aber ledig-
lich eine vertragliche Haftung aus. Unter deliktsrechtlichen Gesichtspunkten
kommt dagegen eine Haftung in Betracht.
1. Ansprüche der Arbeitnehmer
Fraglich ist, ob die Arbeitnehmer der X-GmbH einen Anspruch direkt gegen
A selbst haben.
Den Arbeitnehmern der Gesellschaft steht aus den geschlossenen Arbeitsver-
trägen ein vertraglicher Vergütungsanspruch gegen die GmbH zu. A hat die
Gesellschaft bei Abschluss der Arbeitsverträge lediglich vertreten.
Daher scheidet eine Haftung des A grundsätzlich aus. Die bloße Nichtbeglei-
chung der Vergütungsansprüche durch A stellt auch im Falle der Insolvenz
kein deliktisches Verhalten dar, das Schadensersatzansprüche begründen
könnte.
2. Ansprüche des Lieferanten L
Zu prüfen ist, ob der Lieferant L gegen den A persönlich einen Anspruch hat.
a) Vertragliche Ansprüche
L stehen grundsätzlich nur vertragliche Kaufpreisansprüche gegen seine Ver-
tragspartnerin, die X-GmbH, zu.
b) Deliktische Ansprüche
L könnte gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 823 Abs. 2,
826 BGB haben.
Das setzt voraus, dass A den L vorsätzlich sittenwidrig schädigte bzw. gegen
ein Schutzgesetz verstoßen hat.
aa) Verstoß gegen § 263 Abs. 1 StGB
Der Verstoß gegen ein Schutzgesetz könnte durch einen Verstoß gegen §
263 Abs. 1 StGB zu bejahen sein. Wenn A bereits bei der Materialbestellung
wusste, dass die daraus resultierenden Zahlungsansprüche von der Gesell-
schaft nicht mehr würden erfüllt werden können, stellt dies eine vorsätzliche
Täuschung des L dar, durch welche die Materiallieferung ausgelöst wurde.

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