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09 Vorlesung Habermas

Aufbaumodul Politische Theorie und Ideengeschichte
Kurs

Aufbaumodul Politische Theorie und Ideengeschichte

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Akademisches Jahr: 2020/2021
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Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Öffentlichkeit & Politik, deliberative Demokratietheorie

Jürgen Habermas (* 1929) - Sozialphilosoph, politischer Theoretiker & intervenierender Bürger

  1. polemische Konstellation + werkgeschichtlicher Überblick

Vs NS + Totalitarismus, vs Konservatismus, schlichten Liberalismus

Denkweg: von Kritischer Theorie und Hegel/Marx, Vordenker & Kritiker der

1968er Studentenbewegung, zur Sozialphilosophie à la Kant/Pragmatismus

  1. systematische Grundlagen

2 „Theorie des kommunikativen Handelns“ (1981)

Systematische sprachphilosophische ansetzende normative Sozialphiloso- phie, die Handlungs- und Systemtheorie verbindet

Zugang: Vernunftpotential der Sprache, Grundbegriff = Kommunikation

Das Was und das Wie von Äußerungen – Geltungsansprüche (drei Welten)

Objektive Welt – gemeinsam unterstellte Sachverhalte (3. Person)

Soziale Welt – als legitim unterstellte interpersonale Beziehungen (2. Pers.)

Subjektive Welt – privilegiert zugängliche Erkenntnisse (1. Person)

Moderne Rationalitätsstrukturen setzen diese Differenzierung voraus und die Strukturen sind von den Inhalten getrennt.

Zwei Handlungstypen nach der Koordinationsform differenziert

Kommunikatives Handeln – verständigungsorientiert, Anschluss unter- stellt Einverständnis

Strategisches Handeln – erfolgsorientiert (Asymmetrien, Macht)

These : nur kommunikatives Handeln leistet Sozialintegration, strategi- sches Handeln ist parasitär

In der Moderne ist kommunikatives Handeln mehr als in vormodernen Gesellschaften begründungsbedürftig, folgt aber oft auch Routinen. Verständigung über Geltungsgründe erfolgen in Diskursen.

Kontrafaktischer, formal-prozeduraler Ansatz aus dem inhaltlich Normatives abgeleitet wird. Kernidee: ideale Sprechsituation, in der nur der zwanglose Zwang des besseren Argumentes zählt.

Gesellschaftstheoretische Konsequenzen:

Lebenswelt als Komplementärbegriff zum kommunikativen Handeln. Selbstverständliche Hintergrundannahmen von Handelnden. Lebenswelt reproduziert Kultur, Gesellschaft und Persönlichkeit

Verständigung reicht als Handlungskoordination nicht aus. Strategisches Handeln führt zu Ausdifferenzierungen: Moral und Recht, administrative Macht und Geld als Steuerungsmedien. Entkopplungen von Lebenswelt und Systemen, die zu Leistungssteigerung führen.

Zeitdiagnose: Nicht nur Entkoppelung von Systemen und Lebenswelt, sondern Kolonialisierung der Lebenswelt im Spätkapitalismus (institutio - nalisierte Klassenkonflikte, Geld, Macht, Bürokratie prägen die Individuen)

2. 2. deliberative Demokratie „ Faktizität und Geltung“ (1992)

Kritik an der liberalen Rechtskonzeption (beachtet sozialökonomische Ungleichheit nicht genug, trennt Staat und Gesellschaft)

Kritik am sozialstaatlichen Rechtsparadigma (institutionalisierter Klas- senkonflikt) – bringt Paternalismusprobleme mit sich

prozeduralistischer Ansatz: Bürger Adressaten und Autoren von Recht

Verknüpfung von ausdifferenziertem politischen System und Demokratie durch Öffentlichkeit, Zivilgesellschaft. Gesellschaft gilt als Gemeinschaft von Verfassungsinterpreten. Demokratie kann es ohne MR nicht geben, zugleich sind volle Schutz- und Beteiligungsrechte die Prämisse für die Mitgestaltung (Gleichursprünglichkeitsthese). Private und öffentliche Autonomie bedingen sich.

Volkssouveränität als Verfahren – jenseits der Figur des politischen Körpers gedacht – Begriff des Politischen in kommunikativ erzeugte Macht und administrativ verwandte Macht differenziert.

d. heute: erneuter Strukturwandel (Habermas: Ach, Europa, Ffm. 2008, 77 -87, 131-137)

Internet: mehr Möglichkeiten und Fragmentierungen, Intellektueller vermag nicht mehr die Aufmerksamkeit zu bündeln

Niedergang der Qualitätszeitungen, sie waren das Rückgrat der diskursiven Öffentlichkeit

Neue Bedingungen für demokratische Legitimität

EU, postnationale Konstellation – politische Konsequenzen

Habermas für Konstitutionalisierung der EU

Skeptisch gegenüber europäischer und globaler Öffentlichkeit als selbständiger Foren, pro Transnationalisierung von Öffentlichkeiten

Typisierung des Konzeptes deliberativer Demokratie nach Habermas: Drei normative Modelle der Demokratie [1992]

Differenzierung nach 1. Konzepten des Staatsbürgers, 2. Rechtsauffassung, 3.

Natur des politischen Prozesses, der Willensbildung

A. liberales Modell

1. subjektive Rechte, Abwehrrechte, Sicherung der Rechte durch Prozeduren

2. subjektive Rechte erlauben die Klärung, wem welche Rechte zustehen

3. Kampf um Macht, Positionen, Konkurrenz in Parlament und Öffentlichkeit

Voraussetzungen liberaler Demokratie = Elitenkonsensus über Regeln des Um-

gangs, Prozeduren und Prinzipien; Vertrauen in das politische System: a. verti-

kales Vertrauen zu Regierenden und horizontales zwischen den Bürgern.

Innere und äußere Souveränität, anerkannte sozialpolitische Arrangements.

(Offe, Claus: Bewährungsproben. Über einige Beweislasten bei der Verteidigung der liberalen

Demokratie, in, Weidenfeld, Werner (Hg.): Demokratie am Wendepunkt, Berlin 1996: S. 141-157)

B. republikanisches Modell (Arendt u., oft kommunitaristisch)

1. Aktivbürger, positive Freiheitsauffassung, Staat organisiert einen inklusiven

Willensbildungsprozeß

2. subjektive Rechte als Ausdruck einer objektiven Rechtsordnung, Wahlrecht

als positives Recht, objektive rechtliche Gehalte haben gegenüber Prozeduren

den Vorrang

3. kein Markt- bzw. Kampfmodell der Öffentlichkeit, sondern verständigungs-

orientierte öffentliche Kommunikation (H. Arendt)

C. deliberatives Modell (Habermasens Modell, das die Stärken der anderen

Modelle unter Umgehung von deren Schwächen zu vereinen sucht)

1. subjektive Rechte, statt agierender Bürgerschaft institutionelle Verfahren

der Deliberation (Beratung)

2. subjektive Rechte im Sinne konsequent verstandener Menschen- und

Bürgerrechte, Rechtsordnung als ganze reflexiv, Volkssouveränität als

Verfahren

3. Begriff der idealen Prozedur, normativ gehaltvolle Strukturen in Staat und

Gesellschaft, unabhängige Zivilgesellschaft

Quelle: J. Habermas.: Drei normative Modelle der Demokratie: Zum Begriff deliberativer Demokratie, in, H. Münkler (Hg.): Die Chancen der Freiheit , München 1992, 11-24 auch in: J. Habermas, Die Einbeziehung des Anderen. Studien zur politischen Theorie , Ffm. 1996.

4. praktische Vorschläge deliberativer Demokratie

Citizen Jury (zufällige, repräsentative Auswahl von Bürgern zur Beratung eines Themas)

Town Meeting (eintägige Beratung eines Themas)

Deliberation Day (eintägige Beratung nach der Fernsehdebatte der Präsidentschaftskandidaten) – Vorschlag von J. Fishkin, B. Ackerman

(B. Ackerman, Bruce / J. Fishkin: Deliberation Day, New Haven 2004)

Links – statt Berge an Original- und Sekundärliteratur:

Rede von Habermas einen Tag nach seinem 90. Geburtstag, erst kommen ein paar Vorreden, die Rede beginnt nach 18 Minuten: youtube/watch?v=tTARPzTLk

◼ habermasforum/ Weekly updated collection of online texts, papers and articles

◼ blaetter/archiv/autoren/juergen-habermas Beiträge von Habermas in „Blätter für deutsche und internationale Politik

◼ br/radio/bayern2/programmkalender/ausstrahlung-1795848.html sehr schönes Feature von Dr. Thomas Meyer über Leben und Denken Habermas auf BR

Komplette Biografie : Stefan Müller-Doohm: Jürgen Habermas, Berlin 2014, etwa 700 S.

Von Habermas zu seinem 80. Geburtstag veranstaltete „ Schriftenausgabe “ (un vollständig): suhrkamp/werkausgabe/philosophische_texte_broschur_207.html

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2. systematische Grundlagen
2.1 Theorie des kommunikativen Handelns (1981)
Systematische sprachphilosophische ansetzende normative Sozialphiloso-
phie, die Handlungs- und Systemtheorie verbindet
Zugang: Vernunftpotential der Sprache, Grundbegriff = Kommunikation
Das Was und das Wie von Äußerungen Geltungsansprüche (drei Welten)
Objektive Welt gemeinsam unterstellte Sachverhalte (3. Person)
Soziale Welt als legitim unterstellte interpersonale Beziehungen (2. Pers.)
Subjektive Welt privilegiert zugängliche Erkenntnisse (1. Person)
Moderne Rationalitätsstrukturen setzen diese Differenzierung voraus und
die Strukturen sind von den Inhalten getrennt.
Zwei Handlungstypen nach der Koordinationsform differenziert
Kommunikatives Handeln verständigungsorientiert, Anschluss unter-
stellt Einverständnis
Strategisches Handeln erfolgsorientiert (Asymmetrien, Macht)
These: nur kommunikatives Handeln leistet Sozialintegration, strategi-
sches Handeln ist parasitär
In der Moderne ist kommunikatives Handeln mehr als in vormodernen
Gesellschaften begründungsbedürftig, folgt aber oft auch Routinen.
Verständigung über Geltungsgründe erfolgen in Diskursen.

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