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Materielle Verfassungsmäßigkeit Kopie 2

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Staatsrecht II (91955)

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Akademisches Jahr: 2020/2021
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Staatsrecht

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Materielle Verfassungsmäßigkeit

Grundlegendes: - Staatsgrundlagen = bestimmen Wesen eines Staates - Ändert man diese ab oder höbe man sie auf, erhielte der Staat einen gänzlich anderen Charakter

Unabänderliche Grundlagen - Wichtigsten Staatsgrundlagen über Art. 79 III GG (Ewigkeitsklausel) annähern - Unzulässig Änderung des GG, durch die insb. die in Art. 1 und 20 GG niedergelegten Grundsätze berührt werden - Auf ewig festgeschrieben werden damit die Menschenwürdegarantie und die Grundrechtsbindung (Art. 1 GG), sowie die Staatsgrundlagen

Menschenwürdegarantie als oberste Verfassungsdirektive

  • Art. 1 I GG = Würde des Menschen zu achten und zu schützen = Verpflichtung aller staatlichen Gewalt
  • Mensch nicht um des Staates willen, sondern Staat um des Menschen willen da
  • In GG aufgenommen, 1949, 4 Jahre nach Ende des zweiten WK)

Art. 20 GG als Staatsfundamentalnorm

  • Anders als in Art. 1 GG ist Norm nicht auf das Individuum bezogen, betrifft vielmehr in objektiv- rechtlicher Hinsicht die staatlichen Grundstrukturen der Bundesrepublik
  • Zweck: Absicherung des humanistischen Gepräges des GG, insofern berühren sich Art. 1 GG und Art. 20 GG
  • Art. 20 I GG: Demokratie, Sozialstaatlichkeit, Bundesstaatlichkeit, Republik
  • Art. 20 II GG: Konkretisiert einerseits das Demokratieprinzip, indem in S. 1 die Volkssouveränität festgeschrieben wird (Staatsgewalt muss vom Volke ausgehen)
  • Volk übt Staatsgewalt durch gewählte Organe aus ( repräsentative Demokratie)
  • Auch die Gewaltenteilung durch Aufzählung der drei Staatgewalten zementiert
  • Gewaltenteilung = Rechtsstaatsgebot
  • Art. 20 III GG: Staatsgewalten an die verfassungsmäßige Ordnung bzw. an Recht und Gesetz gebunden
  • Staatsgrundlagenbestimmungen gelten auch für die Länder
  • Allerdings tritt Art. 20 I GG hinter die sog. Normativbestimmungen des Art. 28 I 1 GG zurück, wonach die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaats i des GG entsprechen muss

Weitere Strukturvorgaben, die nicht unter Art. 79 III GG fallen, aber gleichwohl zu den charakteristischen Merkmalen der BRD gehören:

➢ Parlamentar. Form der repräsentativen Demokratie in der konkreten Ausgestaltung der Art. 38 ff. GG ➢ Das parlamentar. Regierungssystem mit der starken Stellung des Bundeskanzlers als Regierungschef, Art. 63 ff. ➢ Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, Art. 28 II GG ➢ Finanz-und Steuerstaatlichkeit, die sich aus Finanzverfassung ergibt, Art. 104 a GG

I. Staatsziele und Staatszielbestimmungen

Zweck Staatszielbestimmungen: Stellen polti. Aufträge und Programmsätze auf, die auf Verwirklichung drängen

➢ Umwelt- und Tierschutz in Art. 20a GG ➢ Idee der offenen Staatlichkeit in einem vereinten Europa, Art. 23 bis 25 GG ➢ Friedensgebot nach Art. 24 II und 26 GG ➢ Gewährleistung der Grundversorgung mit Eisenbahnen, Post und Telek. ➢ Erfordernisse des gesamtwirtschaftl. Gleichgewichts, Art. 109, 115 GG ➢ Durchsetzung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Mann und Frau, Art. 3 II 2 GG und der außerehelich geborenen Kinder, Art. 6 Abs. 5 GG ➢ Ungeschriebenes Staatsziel die Kulturstaatlichkeit

  • verfassungsrechtl. bindenden Charakter

  • verpflichten vor allem die Legislative, die Gesetze an diesen Zielen auszurichten

  • anders als Staatsgrundlagen wollen sie keinen status quo, keinen Verfassungsbestand sichern, sondern auf die Zukunft gerichtete Staatskonzeptionen verwirklichen

  • Abgrenzung zw. Staatsgrundlagen schwierig, vor allem in Bezug auf Sozialstaatsprinzip

  • Fall bei Parlamenten des Bundes und der Länder, sowie bei Volksvertretungen in den Gemeinden und Kreisen und den kommunalen Hauptverwaltungsbeamten (Bürgermeister und Landräte)

  • Vom GG einerseits vorgeschrieben durch Art. 38 I 1 GG und durch Art. 28 I 2 GG

  • Diese Art der unmittelbaren personellen Legitimation erfolgt durch regelmäßige wiederkehrende Wahlen

b) Mittelbare Legitimation = Zurechnungszusammenhang ausreichend, der zwischen der ureigenen Willensbekundung des Staatsvolkes und der Ausübung der Staatsgewalt einen Zwischenschritt zulässt

2. Das Rechtsstaatsprinzip

  • Keine ausdrückliche Erwähnung in der Staatsfundamentalnorm des Art. 20 GG
  • Sehr wohl dagegen im Homogenitätsgebot des Art. 28 I 1 GG
  • Wesentliche Rechtsstaatliche Elemente in Art. 20 II 2 und 3 GG: Grundsatz der Gewaltenteilung, Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung (Vorrang der Verfassung), sowie die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Recht und Gesetz (Vorrang des Gesetzes)

a) „Formelle Elemente“ des Rechtsstaates

aa) Gewaltenteilung - Art. 20 II 2 GG - Tragende Funktions-, Struktur- und Organisationsprinzip, in dem vorrangig die Aufgabentrennung der Staatsorgane und ihre gegenseitige Kontrolle zum Ausdruck kommen - Mäßigung der Staatsgewalt

bb) Gesetzmäßigkeit staatlichen Handelns - Art. 20 III GG: Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden - Gesetz = zentrales Steuerungs- und Kontrollmittel des Rechtsstaats

cc) Vorrang von Verfassung

  • Verpflichtet alle staatl. Organe das GG zu beachten
  • Für Legislative ist dies in Art. 20 III Hs. 1 GG ausdrücklich festgeschrieben
  • Für Exekutive und Judikative ergibt dies aus Art. 20 III Hs 2.
  • Eine spezifische Ausprägung des Verfassungsvorrangs kommt in Art. 1 III GG zum Ausdruck: Danach sind alle 3 Staatsgewalten verpflichtet die Grundrechte (Art. 1-19 GG) zu beachten
  • Nach Normenhierarchie beansprucht GG als Bundesv. Geltungsvorrang geg. Allen anderen nationalen Rechtsnormen

dd) Vorbehalt des Gesetzes

= bedeutet, dass die Regelung bestimmter Lebensbereiche einem Gesetz vorbehalten ist, dass die Verwaltung ohne ein einschlägiges Gesetz gar nicht handeln darf - Ableitung aus Art. 20 III GG

  • Exekutive darf nur auf Grund eines Gesetzes in die Rechte des Bürgers eingreifen

ee) Rechtsweggarantie, Justizgewähr und Justizgrundrechte

(1) Rechtsweggarantie

  • Art. 19 IV GG: Bringt Einzelne vor, durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt zu sein, muss ihm der Rechtsstaat effektiven Rechtsschutz durch seine Gerichte bieten, die mit unabhängigen Richtern besetzt sind = „formelles Hauptgrundrecht“

(2) Allg. Justizgewährunganspruch

  • Wirkungsvoller Rechtsschutz auch in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten

(3) Justizgrundrechte

  • Die Garantie des gesetzl. Richters, Art. 101 I 2 GG
  • Anspruch auf rechtliches Gehör, Art. 103 I GG und auf ein faires Verfahren (nicht ausdrücklich geregelt, aber aus Rechtsstaatsprinzip ableitbar)
  • Die strafrechtlichen Garantien (Rückwirkungs- und Mehrfachbestrafungsverbot, sowie Richtervorbehalt

ff) Begründungspflicht für Hoheitsakte (Verwaltungsakte) - Keine für Gesetze

  • zulässig, da noch nicht abgeschlossen und Betroffene noch keine verfestigte Rechtsposition erlangt
  • Ausnahmen: Konstellationen, in denen der Bürger sein Vertrauen bereits „ins Werk gesetzt“ hat, bevor der jeweilige Sachverhalt abgeschlossen wurde
  • Der Einzelne muss eine Disposition getroffen haben, die er nicht mehr rückgängig machen kann
  • Hier muss der Gesetzgeber das Vertrauensinteresse des Einzelnen gegen das Rückwirkungsinteresse des Staates (Gemeinwohlinteresse) abwägen und den Grundsatz der VHM beachten

Kein Vertrauensinteresse besteht, wenn:

  • Der Bürger zum ZP der Disposition mit Neuregelung rechnen musste
  • Wenn unechte RW erforderlich ist, den Zweck des betreffenden Änderungsgesetzes zu fördern und die Grenzen der Zumutbarkeit für den Betroffenen gewahrt werden
  • Zumutbar auch, wenn Gesetzgeber schonende Übergangsregelungen normiert (Prinzip des schonenden Übergangs)

dd) Unmittelbare Geltung der Grundrechte

ee) Grundsatz der VHM

ff) Willkürverbot = ergibt sich aus dem Allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG - Da GR können sich auf ihn nur natürl. Personen berufen und jur. Personen des Privatrechts, Art. 19 III GG - Also nicht für jur. Personen des ÖRechts, insb. nicht für Gemeinden und Gemeindeverbände, nicht für das Verhältnis zwischen Bund und Land und auch nicht zwischen Rechtsbeziehungen der Organteile untereinander - Verboten werden unsachliche Differenzierungen und sachfremde Erwägungen - Ein Verstoß dagegen können staatl. Organe oder Hoheitsträger unter Berufung auf Art. 20 III GG rügen

3. Republik

= bedeutet „Nicht-Monarchie“

4. Bundesstaat

= Zusammenschluss mehrerer Staaten zu einem Gesamtstaat

Das Bundesstaatsprinzip besteht vor allem aus den folgenden Elementen:

➢ Staatsqualität sowohl des Bundes als auch der Länder (Merkmale nach Völkerrecht:

Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt) = Jellinek

➢ Organisationshoheit und Verfassungsautonomie der Länder (vgl. Art. 28 I GG), -

Kompetenzabgrenzung für Gesetzgebung und Verwaltung zwischen Bund und

den Ländern,

➢ Prinzip der Bundestreue, d. des fairen und schonenden Umgangs von Bund und Ländern miteinander.

Bundestreue = Der Grundsatz des „bundesfreundlichen Verhaltens“ (auch kurz „Bundestreue“ genannt) verlangt von Bund und Ländern die Verpflichtung zu gegenseitiger Rücksichtnahme

  • Nicht normiert
  • Satz des ungeschriebenen Verfassungsrechts
  • Meist in Argument in Bund-Länder-Streitigkeiten
  • Folgende Fallgruppen:

a) Kompetenzausübungsschranken

= Bei Wahrnehmung ihrer verfassungsrechtl. Zuständigkeiten (Kompetenzen) sind sowohl Bund als auch Länder verpflichtet, die Auswirkungen ihres Handelns auf die jeweils andere föderative Einheit zu berücksichtigen

b) Mitwirkungspflichten bei kommunalen Anhörungen

= Plant Bund Regelung, die die kommunale Selbstverwaltung beeinträchtigen kann, ist eine vorherige Anhörung der betroffenen Gemeinden erforderlich – Bundestreue verpflichtet das jeweilige Land Anhörung durchzuführen

c) Mitwirkungs- und Schutzpflichten bei inter- oder supranationalen Verpflichtungen

d) Verfahren vor Erteilung einer Weisung des Bundes

= Führen die Länder Bundesgesetze im Auftrag des Bundes aus, kann ihnen der Bund gem. Art. 85 III GG dazu Weisungen erteilen, Vor Ausübung ist Bund verpflichtet, dem Land die Weisung anzukündigen, es anzuhören und deutlich zu machen, dass er die Stellungnahme des Landes in seine Überlegungen eingebracht hat

e) Föderative Gleichbehandlung

= Grundsatz verpflichtet Bund dazu, die Interessen aller Länder gleichmäßig zu beachten und Länder in gleichem Maße zu beteiligen = verwehrt zwischen den Ländern aus parteipolit. Gesichtspunkten zu differenzieren

Bundeszwang, Art. 37 GG

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Grundlegendes:
- Staatsgrundlagen = bestimmen Wesen eines Staates
- Ändert man diese ab oder höbe man sie auf, erhielte der Staat einen gänzlich anderen
Charakter
Unabänderliche Grundlagen
- Wichtigsten Staatsgrundlagen über Art. 79 III GG (Ewigkeitsklausel) annähern
- Unzulässig Änderung des GG, durch die insb. die in Art. 1 und 20 GG niedergelegten
Grundsätze berührt werden
- Auf ewig festgeschrieben werden damit die Menschenwürdegarantie und die
Grundrechtsbindung (Art. 1 GG), sowie die Staatsgrundlagen
Menschenwürdegarantie als oberste Verfassungsdirektive
- Art. 1 I GG = Würde des Menschen zu achten und zu schützen = Verpflichtung aller
staatlichen Gewalt
- Mensch nicht um des Staates willen, sondern Staat um des Menschen willen da
- In GG aufgenommen, 1949, 4 Jahre nach Ende des zweiten WK)
Art. 20 GG als Staatsfundamentalnorm
- Anders als in Art. 1 GG ist Norm nicht auf das Individuum bezogen, betrifft vielmehr in
objektiv- rechtlicher Hinsicht die staatlichen Grundstrukturen der Bundesrepublik
- Zweck: Absicherung des humanistischen Gepräges des GG, insofern berühren sich Art. 1 GG
und Art. 20 GG
- Art. 20 I GG: Demokratie, Sozialstaatlichkeit, Bundesstaatlichkeit, Republik
- Art. 20 II GG: Konkretisiert einerseits das Demokratieprinzip, indem in S. 1 die
Volkssouveränität festgeschrieben wird (Staatsgewalt muss vom Volke ausgehen)
- Volk übt Staatsgewalt durch gewählte Organe aus (repräsentative Demokratie)
- Auch die Gewaltenteilung durch Aufzählung der drei Staatgewalten zementiert
- Gewaltenteilung = Rechtsstaatsgebot
- Art. 20 III GG: Staatsgewalten an die verfassungsmäßige Ordnung bzw. an Recht und Gesetz
gebunden
- Staatsgrundlagenbestimmungen gelten auch für die Länder
- Allerdings tritt Art. 20 I GG hinter die sog. Normativbestimmungen des Art. 28 I 1 GG zurück,
wonach die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundsätzen des republikanischen,
demokratischen und sozialen Rechtsstaats i.S des GG entsprechen muss
Weitere Strukturvorgaben, die nicht unter Art. 79 III GG fallen, aber gleichwohl zu den charakteristischen
Merkmalen der BRD gehören:
Parlamentar. Form der repräsentativen Demokratie in der konkreten Ausgestaltung der Art. 38 ff. GG
Das parlamentar. Regierungssystem mit der starken Stellung des Bundeskanzlers als Regierungschef,
Art. 63 ff.
Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, Art. 28 II GG
Finanz-und Steuerstaatlichkeit, die sich aus Finanzverfassung ergibt, Art. 104 a GG