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Einführung in die sprachwissenschaftlichen Grundlagen der Slawistik

Akademisches Jahr: 2018/2019
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1 definiert man "Sprachwissenschaft"? Womit beschäftigt

sich diese? Was ist das Thema der slawistischen

Sprachwissenschaft? (4)

 Sprachwissenschaft ist die Wissenschaft, die sich mit natürlichen,

„menschlichen“ Sprachen beschäftigt

 Man unterscheidet zwischen:

  • allgemeiner (deskriptive) Sprachwissenschaft = allgemeine Aspekte, was alle Sprachen gemeinsam haben und was sie unterscheidet
  • angewandter Sprachwissenschaft = problemlösungsorientiert

 Die Themen der slawistischen Sprachwissenschaft sind slawische

Sprachen; sie beschäftigt sich mit der Beschreibung und den Besonderheiten von Einzelsprachen und deren Sprachsysteme

2 welcher Sprachfamilie gehören die slawischen Sprachen?

(1)

 Die slawischen Sprachen sind Teil der indogermanischen Sprachfamilie

3 welche Gruppen werden die slawischen Sprachen

eingeteilt? (3)

 Ostslawisch, Südslawisch und Westslawisch

4 ostslawischen Sprachen kennen Sie? (4)

 Russisch, Weißrussich, Ukrainisch, Rusinisch, Polessisch

5 südslawischen Sprachen kennen Sie? (8)

 Bulgarisch, Makedonisch, Bosnisch, Kroatisch, Serbisch, Slowenisch,

Burgenland-Kroatisch, Altkirchenslawisch

6 westslawischen Sprachen kennen Sie? (8)

 Obersorbisch, Niedersorbisch, Tschechisch, Slowakisch, Polnisch,

Kaschubisch, Polabisch, Slowinzisch

7 erkennt man die Sprachverwandtschaft? Nennen Sie

slawische Beispiele! (6)

 Aksl. • B/K/S • Sln.• Tsch. • Poln. • Russ. Vъ načalě bě slovo U početku bijaše riječ V začetku je bila beseda Na počátku bylo slovo Na początku było słowo В начале было слово (V načale bylo slovo)

 Große Übereinstimmung in Lexik zB. Wort „slovo“; Verb sein „bylo“; Präposition „in“

 Gemeinsame Wurzeln

 Grammatikalische Eigenschaften: Endungen, Deklinationen, Konjugationen, Kategorien wie Aspekt

 Infinitiv geht auf –t oder –ti (BKS, sln. biti, russ. byt ́ usw.)

 Wörter mit fem. Genus gehören meiste der a- Deklination an; Maskuline enden meist auf Konsonant, Neutra auf –o oder –e

8 bedeutet "genetische Klassifikation" von Sprachen? (2)

 Einteilung der Sprachen nach ihrer Verwandtschaft

 Setzt gemeinsame Ursprache als Vorläufer der späteren Einzelsprachen voraus

9 ist eine Ursprache? (2)

13. Eine Einzelsprache ist nie homogen. In welche

sprachliche Existenzformen (Varietäten) kann man sie

unterteilen? (4)

 Dialekte (regional)

 Soziolekte (sozial)

 Register (situativ)

 Standardsprache

 Jede einzelne Existenzform stellt ein Sprachsystem dar

 Alles zusammen heißt Gesamtsprache

14. Wie kann man "Dialekt" und "Sprache" voneinander

abgrenzen? Was haben sie gemeinsam, was unterscheidet

sie? (6)

 Dialekt ist eine örtliche regionale Ausprägung einer Sprache, Standardsprache eine überörtliche und überregionale Dachsprache

 Sprache im Alltagsverständnis- wenn es eine Standardsprache gibt:

kodifizierte Varietät einer Sprache

 Standardsprache: historisch legitimierte, institutionalisierte, überregionale

Verkehrssprache einer Sprachgemeinschaft; überlagert Umgangssprache und Dialekte; ist durch Normen des korrekten mündlichen und schriftlichen Gebrauchs festgelegt

 Dialekt: Ist eine regionale Sprachvarietät; unterscheidet sich durch die Grammatik (z. B. Satzbau, Wortbildung, Beugung etc.), Wortschatz (Lexik) und die Aussprache (Phonologie)

 Dialekte sind die ursprüngliche Existenzform von Sprache

 Entstehen einer neuen Einzelsprache ist eine politische Frage

 Gemeinsam: jede Stellt ein Sprachsystem dar – Ähnlichkeit des Systems

15. In welchem Verhältnis stehen Dialekte und

Standardsprache auf einem Gebiet? (1)

 Dialekt ist eine Varietät einer Standardsprache- Ähnlichkeit des Sprachsystems  Standardsprache ermöglicht gegenseitige Kommunikation zwischen Dialektsprechen derselben Sprache bzw. innerhalb des Sprachsystems

 Dialekt ist eine örtliche regionale Ausprägung einer Sprache, Standardsprache eine überörtliche und überregionale Dachsprache

16. Was bedeutet "Dialektkontinuum"? Nennen Sie auch ein

Beispiel aus der Slawistik. (3)

 Territoriale Abfolge von gegenseitig verständlichen Dialekten, wobei der

Übergang von einem Dialekt zum Anderen beinahe unmerklich ist; es ändern sich ein paar Merkmale zB. Aussprache, Lexik

 Bosnisch, Kroatisch, Serbisch  gegenseitig Verständlich

17. Was ist eine Isoglosse? Nennen Sie mindestens ein

Beispiel aus dem Bereich der slawischen Sprachen. (2)

 Isoglosse: Grenze zwischen den Ausprägungen eines sprachlichen Merkmals  Beispiel: BKS-Raum - jat-Entwicklung, Fragewort, Futurbildung  Beispiel: š/s: szary, ser, seryj, vše/ ves, sav, vse

18. Wie ist "Lautgesetz" definiert? (1)

 Regel zur Beschreibung von Lautwandel  Bezeichnet einen bestimmten Lautveränderungsprozess, der zeitlich, räumlich und auf bestimmte Laute begrenzt ist- kein diachrones phonetisches Gesetz

 Artikulationsorgan: (aktiver Artikulator: Lippen, Zunge, Zäpfchen) - bilabial: p, b, m, w - labiodental: v, f - apikal: t, d, n, r (l, l‘) - koronal: s, z, c, dz - dorsal: š, ž, č, dž, j, k' ,g', x', š', n', t', ć dž, d‘, k, g, x - laterial: l, l' - uvular: R

 Artikulationsmodus - Englaute - Verschlusslaute: Klusile

 Überwindungsmodus Sonanten: Nasale, Liquide, Gleitlaute - wenig Behinderung: w, m, n, r, l, j, R Obstruenten: - Frikative (Reibelaute): f, v, s, z, š, ž, x', š', x - Affrikaten: c, dz, č, dž, ć, dž' - Plosive (Explosionslaute): p, b, t, d, k', g', k, g

 Stimmbeteiligung

  • stimmhaft vs. Stimmlos durch Schwingung der Stimmlippen oder nicht

 Sekundäre Artikulation

  • Palatalisiertheit
  • Aspiration
  • Lippenrundung

23. In welche Gruppen und Untergruppen werden die

Konsonanten nach dem Überwindungsmodus eingeteilt? (5)

 Sonanten: Nasale, Liquide, Gleitlaute

  • wenig Behinderung: w, m, n, r, l, j, R

 Obstruenten:

  • Frikative (Reibelaute): f, v, s, z, š, ž, x', š', x

  • Affrikaten: c, dz, č, dž, ć, dž'

  • Plosive (Explosionslaute): p, b, t, d, k', g', k, g

24. Welche Eigenschaften zeichnen Vokale (im Gegensatz

zu Konsonanten) aus? (3)

 Vokale: Kein Hindernis, typische Öffnungslaute, Klanglaute typische Silbenträger  Konsonanten: Hindernis, Hemmlaute, Geräuschlaute

25. Wie entsteht Stimmhaftigkeit?

(1)

 Durch Schwingung der Stimmlippen

26. Durch welche Eigenschaften unterscheiden sich die

folgenden Vokale voneinander? Welche weiteren Merkmale

von Vokalen gibt es? (7)

/e/-/i/

e: Zungenstellung zentral, Zungenhöhe mittel i: Zungenstellung vorne, Zungenhöhe hoch

/i/-/u/

i: Zungenstellung vorne

u: Zungenstellung hinten; gerundete Lippen

/a/-/o/

a: Zungenstellung zentral, Zungenhöhe tief o: Zungenstellung hinten, Zungenhöhe mittel, gerundete Lippen

 Merkmale von Vokalen: - Zungenstellung: vorne, zentral, hinten - Zungenhöhe: hoch, mittel, tief - Stellung des Gaumensegels: oral vs. nasal - Lippenrundung: gerundet vs. ungerundet

  • Diphthong: Übergang zwischen zwei Vokalen

lit. keturi: R četyre, BKS četiri, S štirje lit. Gyvas: R, BKS, S živ

30. Was versteht man unter der „Tendenz zur steigenden

Sonorität? Nennen Sie ein Beispiel, worin sich diese Tendenz

ausdrückt! (4)

 Umfasst mehrere Lautprozesse zur Herstellung einer steigenden Sonorität (Schallfülle) innerhalb der Silbe  Beispiel: Verlust von Konsonanten am SIlbenauslaut: CVC>CV ursl. gastis > aksl. gostь ursl. sunus > aksl. synъ

31. Woraus sind die gemeinslawischen Vokale y und o,

sowie ъ und ь entstanden? Wie heißen die beiden letzten

auch? (4)

_

u > y a > o u > ъ (überkurzes u) i > ь (überkurzes i)

32.  Welche Nasalvokale gab es im Gemeinslawischen und

woraus sind sie entstanden? (4)

 Diphthonge auf m oder n (Verbindung von Vokal und Nasal)

e/ i+ m/n > ę

a/ u + m/n > ǫ

33. Wieso heißt es im Ostslawischen "gorod", "moloko", im

Südslawischen aber "grad" und "mleko", mlijeko", "mliko"?

(4)

 Diphthonge mit Liquida (TorT, ToIT- Gruppen)

 Unterschiedliche Reflexe in verschiedenen gemeinslawischen Gebieten

34. Aus welcher urslawischen Lautgestalt sind die Reflexe

"sveča", "svijeća", "sveća" entsanden, und wie nennt man

dieses Lautgesetz? (2)

 Sveˇtja – Lautgesetz der Jotierung (palatale Verschlusslaute aus tj, dj) aus tj > č, c, ć, k`, št

35. Welche Reflexe hat das gemeinslawische Jat? (3)

 Jat (eˇ)  e, ije, i (BKS sveća/ svijeća)

 e (Sln, R sveča)

36. Wegen der 1. und 2. Palatalisation kommt es in

folgenden Wörtern heute zu Konsonantenalternationen:

russ. друг (drug) ‘Freund’–друзья (druz’ja)

‘Freunde’, дружеский(družeskij)‚ freundschaftlich’

sln. otrok ‘Kind’–otroci ‘Kinder’, otroček ‚Kindchen’

BKS. siromah ‚(der) Arme‘–siromasi ‘(die)

Armen’, siromašan ‚arm’

a) Unterstreichen Sie die Laute, die hier die ursprünglichen

(urslawischen) waren (alle drei)

b) Erklären Sie, wie (auf welche Weise) sie zu den anderen

geworden sind. (9)

 2. Palatalisation k > c

g > z / __ ˇe x > s,š

 1. Palatalisation k > č g > ž / __ e, i, j x > š

37. Wie kam es historisch zu den Alternationen (flüchtigen

Vokalen) in den folgenden Wortformen? (4)

‘Hund’ russ.  BKS  sln.

Nom. Sg. пëс pas pes

Gen. Sg. пса psa psa

 Sprache Kyrills und Methods; beruhte wahrscheinlich auf den Dialekten der Heimat Thessaloniki

 Durch Slawenmission im west- ost- und südslawischen Bereich verbreitet

 Dokumentiert durch kanonische Texte z Codex Assemanianus; Savva- Buch; Kiewer Blätter (Missales)

41. Was versteht man unter "Kirchenslawisch"? (2)

 Regionale Weiterentwicklung des Altkirchenslawischen

 Als reine Schrift- und Liturgiesprache

 Mit der Zeit Kluft zwischen gesprochener Volkssprache und

Kirchenslawisch

 1619 Grammatik von Meletij Smotric+kij: Vereinheitlichung des Ksl bei Ost-

und SüdslawInnen

 Heute noch in der Orthodoxie verwendet; behält seinen Südslawischen Charakter; archaische Züge in der Grammatik

42. Wie haben sich die heutigen ostslawischen

Standardsprachen Russisch, Weißrussisch und Ukrainisch

aus dem Altostslawischen herausgebildet? Verwenden Sie

bei der Beschreibung die Termini Kanzleisprache,

Standardsprache, Kirchenslawisch (10)

 Das Altostslawische war die gemeinsame Sprache der im Kiewer Rus

lebenden Ostslawen

 Altostslawisch und Kirchenslawisch als verschiedene Sprachen gesehen

 Altostslawisch (den Dialekten des Volkes näher) wurde als Kanzleisprache

verwendet, d. als Verwaltungs- und Rechtssprache

 Das Kirchenslawische für religiöse Texte

 Nach dem Zerfall der Kiewer Rus entwickelten sich zwei Nachfolgestaaten,

durch die getrennte Verwaltung entstanden jeweilige Staatssprachen: das Russische und Ruthenische (später entstanden daraus das Ukrainische und Weißrussische)

43. Wie hat sich die slowenische Standardsprache aus dem

altsüdslawischen Dialektkontinuum

herausgebildet? Verwenden Sie bei der Beschreibung die

Termini Reformation, Standardsprache, Gegenreformation

(8)

Ursprünge im Fürstentum Karantanien: viele verschiedene slowenische Dialekte; Früheste sl. Textdokumente: Freisinger Denkmäler

 Die Übersetzung des Neuen Testaments durch den Reformator Primož Trubar, Bibelübersetzung Jurij Dalmatin legten Grundlage einer gemeinsamen slowenischen Standardsprache; die Gegenreformation führte zur Stagnation der schriftsprachlichen Entwicklung und Regionalisierung

44. Beschreiben Sie Entwicklung des Bosnischen,

Kroatischen und Serbischen! Verwenden Sie dabei die

Termini Kajkavisch, Čakavisch, Štokavisch, Ekavisch,

Ijekavisch, Illyrismus. (10)

 Kroatisch: lange schrift- und literaturgeschichtliche Tradition auf Basis aller drei Dialekte- Kajkavisch, Čakavisch und Štokavisch, sowie ekavisch und ijekavisch; katholisch, jedoch auch mit kirchenslawischer Tradition, teilweise kyrillisch geschrieben; 19Jh setzt sich Štokavisch gegen Kajkavisch durch, ermöglicht Einigung zu einer Literatursprache „Wiener Vertrag“

47. Nennen Sie drei Persönlichkeiten, die in der Geschichte

des Bosnischen, Kroatischen und Serbischen eine Rolle

gespielt haben und welche Rolle! (6)

 Vuk Karadžić: Reformator

Đuro Dančić, Ivan Mažuranić: Wiener Vertrag, eine Literatursprache Broz: Normierung der Sprache durch phonologische Orthographie und Wörterbuch

48. Nennen Sie drei Persönlichkeiten, die für die

Entwicklung der russischen Standardsprache bedeutend

waren und ihre Rolle! (6)

 Peter der Große: Reform des Alphabets, Übersetzungen in einfache

russische Sprache verlangt Michail Lomonosov: Theorie der drei Stile; Grammatik der russischen Sprache „Rossijskaja grammatika“ Alexander Puškin: moderne russische Sprache; kodifiziert, stilisiert, differenziert, allgemein verbindlich

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Einführung in die sprachwissenschaftlichen Grundlagen der Slawistik – Prüfungsfragen WS2019/20
1. Wie definiert man "Sprachwissenschaft"? Womit beschäftigt
sich diese? Was ist das Thema der slawistischen
Sprachwissenschaft? (4)
Sprachwissenschaft ist die Wissenschaft, die sich mit natürlichen,
„menschlichen“ Sprachen beschäftigt
Man unterscheidet zwischen:
- allgemeiner (deskriptive) Sprachwissenschaft = allgemeine Aspekte, was
alle Sprachen gemeinsam haben und was sie unterscheidet
- angewandter Sprachwissenschaft = problemlösungsorientiert
Die Themen der slawistischen Sprachwissenschaft sind slawische
Sprachen; sie beschäftigt sich mit der Beschreibung und den
Besonderheiten von Einzelsprachen und deren Sprachsysteme
2. Zu welcher Sprachfamilie gehören die slawischen Sprachen?
(1)
Die slawischen Sprachen sind Teil der indogermanischen Sprachfamilie
3. In welche Gruppen werden die slawischen Sprachen
eingeteilt? (3)
Ostslawisch, Südslawisch und Westslawisch
4. Welche ostslawischen Sprachen kennen Sie? (4)
Russisch, Weißrussich, Ukrainisch, Rusinisch, Polessisch
5. Welche südslawischen Sprachen kennen Sie? (8)
Bulgarisch, Makedonisch, Bosnisch, Kroatisch, Serbisch, Slowenisch,
Burgenland-Kroatisch, Altkirchenslawisch