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Einführung in die sprachwissenschaftlichen Grundlagen der Slawistik
Universität Klagenfurt
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Text Vorschau
1 definiert man "Sprachwissenschaft"? Womit beschäftigt
sich diese? Was ist das Thema der slawistischen
Sprachwissenschaft? (4)
Sprachwissenschaft ist die Wissenschaft, die sich mit natürlichen,
„menschlichen“ Sprachen beschäftigt
Man unterscheidet zwischen:
- allgemeiner (deskriptive) Sprachwissenschaft = allgemeine Aspekte, was alle Sprachen gemeinsam haben und was sie unterscheidet
- angewandter Sprachwissenschaft = problemlösungsorientiert
Die Themen der slawistischen Sprachwissenschaft sind slawische
Sprachen; sie beschäftigt sich mit der Beschreibung und den Besonderheiten von Einzelsprachen und deren Sprachsysteme
2 welcher Sprachfamilie gehören die slawischen Sprachen?
(1)
Die slawischen Sprachen sind Teil der indogermanischen Sprachfamilie
3 welche Gruppen werden die slawischen Sprachen
eingeteilt? (3)
Ostslawisch, Südslawisch und Westslawisch
4 ostslawischen Sprachen kennen Sie? (4)
Russisch, Weißrussich, Ukrainisch, Rusinisch, Polessisch
5 südslawischen Sprachen kennen Sie? (8)
Bulgarisch, Makedonisch, Bosnisch, Kroatisch, Serbisch, Slowenisch,
Burgenland-Kroatisch, Altkirchenslawisch
6 westslawischen Sprachen kennen Sie? (8)
Obersorbisch, Niedersorbisch, Tschechisch, Slowakisch, Polnisch,
Kaschubisch, Polabisch, Slowinzisch
7 erkennt man die Sprachverwandtschaft? Nennen Sie
slawische Beispiele! (6)
Aksl. • B/K/S • Sln.• Tsch. • Poln. • Russ. Vъ načalě bě slovo U početku bijaše riječ V začetku je bila beseda Na počátku bylo slovo Na początku było słowo В начале было слово (V načale bylo slovo)
Große Übereinstimmung in Lexik zB. Wort „slovo“; Verb sein „bylo“; Präposition „in“
Gemeinsame Wurzeln
Grammatikalische Eigenschaften: Endungen, Deklinationen, Konjugationen, Kategorien wie Aspekt
Infinitiv geht auf –t oder –ti (BKS, sln. biti, russ. byt ́ usw.)
Wörter mit fem. Genus gehören meiste der a- Deklination an; Maskuline enden meist auf Konsonant, Neutra auf –o oder –e
8 bedeutet "genetische Klassifikation" von Sprachen? (2)
Einteilung der Sprachen nach ihrer Verwandtschaft
Setzt gemeinsame Ursprache als Vorläufer der späteren Einzelsprachen voraus
9 ist eine Ursprache? (2)
13. Eine Einzelsprache ist nie homogen. In welche
sprachliche Existenzformen (Varietäten) kann man sie
unterteilen? (4)
Dialekte (regional)
Soziolekte (sozial)
Register (situativ)
Standardsprache
Jede einzelne Existenzform stellt ein Sprachsystem dar
Alles zusammen heißt Gesamtsprache
14. Wie kann man "Dialekt" und "Sprache" voneinander
abgrenzen? Was haben sie gemeinsam, was unterscheidet
sie? (6)
Dialekt ist eine örtliche regionale Ausprägung einer Sprache, Standardsprache eine überörtliche und überregionale Dachsprache
Sprache im Alltagsverständnis- wenn es eine Standardsprache gibt:
kodifizierte Varietät einer Sprache
Standardsprache: historisch legitimierte, institutionalisierte, überregionale
Verkehrssprache einer Sprachgemeinschaft; überlagert Umgangssprache und Dialekte; ist durch Normen des korrekten mündlichen und schriftlichen Gebrauchs festgelegt
Dialekt: Ist eine regionale Sprachvarietät; unterscheidet sich durch die Grammatik (z. B. Satzbau, Wortbildung, Beugung etc.), Wortschatz (Lexik) und die Aussprache (Phonologie)
Dialekte sind die ursprüngliche Existenzform von Sprache
Entstehen einer neuen Einzelsprache ist eine politische Frage
Gemeinsam: jede Stellt ein Sprachsystem dar – Ähnlichkeit des Systems
15. In welchem Verhältnis stehen Dialekte und
Standardsprache auf einem Gebiet? (1)
Dialekt ist eine Varietät einer Standardsprache- Ähnlichkeit des Sprachsystems Standardsprache ermöglicht gegenseitige Kommunikation zwischen Dialektsprechen derselben Sprache bzw. innerhalb des Sprachsystems
Dialekt ist eine örtliche regionale Ausprägung einer Sprache, Standardsprache eine überörtliche und überregionale Dachsprache
16. Was bedeutet "Dialektkontinuum"? Nennen Sie auch ein
Beispiel aus der Slawistik. (3)
Territoriale Abfolge von gegenseitig verständlichen Dialekten, wobei der
Übergang von einem Dialekt zum Anderen beinahe unmerklich ist; es ändern sich ein paar Merkmale zB. Aussprache, Lexik
Bosnisch, Kroatisch, Serbisch gegenseitig Verständlich
17. Was ist eine Isoglosse? Nennen Sie mindestens ein
Beispiel aus dem Bereich der slawischen Sprachen. (2)
Isoglosse: Grenze zwischen den Ausprägungen eines sprachlichen Merkmals Beispiel: BKS-Raum - jat-Entwicklung, Fragewort, Futurbildung Beispiel: š/s: szary, ser, seryj, vše/ ves, sav, vse
18. Wie ist "Lautgesetz" definiert? (1)
Regel zur Beschreibung von Lautwandel Bezeichnet einen bestimmten Lautveränderungsprozess, der zeitlich, räumlich und auf bestimmte Laute begrenzt ist- kein diachrones phonetisches Gesetz
Artikulationsorgan: (aktiver Artikulator: Lippen, Zunge, Zäpfchen) - bilabial: p, b, m, w - labiodental: v, f - apikal: t, d, n, r (l, l‘) - koronal: s, z, c, dz - dorsal: š, ž, č, dž, j, k' ,g', x', š', n', t', ć dž, d‘, k, g, x - laterial: l, l' - uvular: R
Artikulationsmodus - Englaute - Verschlusslaute: Klusile
Überwindungsmodus Sonanten: Nasale, Liquide, Gleitlaute - wenig Behinderung: w, m, n, r, l, j, R Obstruenten: - Frikative (Reibelaute): f, v, s, z, š, ž, x', š', x - Affrikaten: c, dz, č, dž, ć, dž' - Plosive (Explosionslaute): p, b, t, d, k', g', k, g
Stimmbeteiligung
- stimmhaft vs. Stimmlos durch Schwingung der Stimmlippen oder nicht
Sekundäre Artikulation
- Palatalisiertheit
- Aspiration
- Lippenrundung
23. In welche Gruppen und Untergruppen werden die
Konsonanten nach dem Überwindungsmodus eingeteilt? (5)
Sonanten: Nasale, Liquide, Gleitlaute
- wenig Behinderung: w, m, n, r, l, j, R
Obstruenten:
Frikative (Reibelaute): f, v, s, z, š, ž, x', š', x
Affrikaten: c, dz, č, dž, ć, dž'
Plosive (Explosionslaute): p, b, t, d, k', g', k, g
24. Welche Eigenschaften zeichnen Vokale (im Gegensatz
zu Konsonanten) aus? (3)
Vokale: Kein Hindernis, typische Öffnungslaute, Klanglaute typische Silbenträger Konsonanten: Hindernis, Hemmlaute, Geräuschlaute
25. Wie entsteht Stimmhaftigkeit?
(1)
Durch Schwingung der Stimmlippen
26. Durch welche Eigenschaften unterscheiden sich die
folgenden Vokale voneinander? Welche weiteren Merkmale
von Vokalen gibt es? (7)
/e/-/i/
e: Zungenstellung zentral, Zungenhöhe mittel i: Zungenstellung vorne, Zungenhöhe hoch
/i/-/u/
i: Zungenstellung vorne
u: Zungenstellung hinten; gerundete Lippen
/a/-/o/
a: Zungenstellung zentral, Zungenhöhe tief o: Zungenstellung hinten, Zungenhöhe mittel, gerundete Lippen
Merkmale von Vokalen: - Zungenstellung: vorne, zentral, hinten - Zungenhöhe: hoch, mittel, tief - Stellung des Gaumensegels: oral vs. nasal - Lippenrundung: gerundet vs. ungerundet
- Diphthong: Übergang zwischen zwei Vokalen
lit. keturi: R četyre, BKS četiri, S štirje lit. Gyvas: R, BKS, S živ
30. Was versteht man unter der „Tendenz zur steigenden
Sonorität? Nennen Sie ein Beispiel, worin sich diese Tendenz
ausdrückt! (4)
Umfasst mehrere Lautprozesse zur Herstellung einer steigenden Sonorität (Schallfülle) innerhalb der Silbe Beispiel: Verlust von Konsonanten am SIlbenauslaut: CVC>CV ursl. gastis > aksl. gostь ursl. sunus > aksl. synъ
31. Woraus sind die gemeinslawischen Vokale y und o,
sowie ъ und ь entstanden? Wie heißen die beiden letzten
auch? (4)
_
u > y a > o u > ъ (überkurzes u) i > ь (überkurzes i)
32. Welche Nasalvokale gab es im Gemeinslawischen und
woraus sind sie entstanden? (4)
Diphthonge auf m oder n (Verbindung von Vokal und Nasal)
e/ i+ m/n > ę
a/ u + m/n > ǫ
33. Wieso heißt es im Ostslawischen "gorod", "moloko", im
Südslawischen aber "grad" und "mleko", mlijeko", "mliko"?
(4)
Diphthonge mit Liquida (TorT, ToIT- Gruppen)
Unterschiedliche Reflexe in verschiedenen gemeinslawischen Gebieten
34. Aus welcher urslawischen Lautgestalt sind die Reflexe
"sveča", "svijeća", "sveća" entsanden, und wie nennt man
dieses Lautgesetz? (2)
Sveˇtja – Lautgesetz der Jotierung (palatale Verschlusslaute aus tj, dj) aus tj > č, c, ć, k`, št
35. Welche Reflexe hat das gemeinslawische Jat? (3)
Jat (eˇ) e, ije, i (BKS sveća/ svijeća)
e (Sln, R sveča)
36. Wegen der 1. und 2. Palatalisation kommt es in
folgenden Wörtern heute zu Konsonantenalternationen:
russ. друг (drug) ‘Freund’–друзья (druz’ja)
‘Freunde’, дружеский(družeskij)‚ freundschaftlich’
sln. otrok ‘Kind’–otroci ‘Kinder’, otroček ‚Kindchen’
BKS. siromah ‚(der) Arme‘–siromasi ‘(die)
Armen’, siromašan ‚arm’
a) Unterstreichen Sie die Laute, die hier die ursprünglichen
(urslawischen) waren (alle drei)
b) Erklären Sie, wie (auf welche Weise) sie zu den anderen
geworden sind. (9)
2. Palatalisation k > c
g > z / __ ˇe x > s,š
1. Palatalisation k > č g > ž / __ e, i, j x > š
37. Wie kam es historisch zu den Alternationen (flüchtigen
Vokalen) in den folgenden Wortformen? (4)
‘Hund’ russ. BKS sln.
Nom. Sg. пëс pas pes
Gen. Sg. пса psa psa
Sprache Kyrills und Methods; beruhte wahrscheinlich auf den Dialekten der Heimat Thessaloniki
Durch Slawenmission im west- ost- und südslawischen Bereich verbreitet
Dokumentiert durch kanonische Texte z Codex Assemanianus; Savva- Buch; Kiewer Blätter (Missales)
41. Was versteht man unter "Kirchenslawisch"? (2)
Regionale Weiterentwicklung des Altkirchenslawischen
Als reine Schrift- und Liturgiesprache
Mit der Zeit Kluft zwischen gesprochener Volkssprache und
Kirchenslawisch
1619 Grammatik von Meletij Smotric+kij: Vereinheitlichung des Ksl bei Ost-
und SüdslawInnen
Heute noch in der Orthodoxie verwendet; behält seinen Südslawischen Charakter; archaische Züge in der Grammatik
42. Wie haben sich die heutigen ostslawischen
Standardsprachen Russisch, Weißrussisch und Ukrainisch
aus dem Altostslawischen herausgebildet? Verwenden Sie
bei der Beschreibung die Termini Kanzleisprache,
Standardsprache, Kirchenslawisch (10)
Das Altostslawische war die gemeinsame Sprache der im Kiewer Rus
lebenden Ostslawen
Altostslawisch und Kirchenslawisch als verschiedene Sprachen gesehen
Altostslawisch (den Dialekten des Volkes näher) wurde als Kanzleisprache
verwendet, d. als Verwaltungs- und Rechtssprache
Das Kirchenslawische für religiöse Texte
Nach dem Zerfall der Kiewer Rus entwickelten sich zwei Nachfolgestaaten,
durch die getrennte Verwaltung entstanden jeweilige Staatssprachen: das Russische und Ruthenische (später entstanden daraus das Ukrainische und Weißrussische)
43. Wie hat sich die slowenische Standardsprache aus dem
altsüdslawischen Dialektkontinuum
herausgebildet? Verwenden Sie bei der Beschreibung die
Termini Reformation, Standardsprache, Gegenreformation
(8)
Ursprünge im Fürstentum Karantanien: viele verschiedene slowenische Dialekte; Früheste sl. Textdokumente: Freisinger Denkmäler
Die Übersetzung des Neuen Testaments durch den Reformator Primož Trubar, Bibelübersetzung Jurij Dalmatin legten Grundlage einer gemeinsamen slowenischen Standardsprache; die Gegenreformation führte zur Stagnation der schriftsprachlichen Entwicklung und Regionalisierung
44. Beschreiben Sie Entwicklung des Bosnischen,
Kroatischen und Serbischen! Verwenden Sie dabei die
Termini Kajkavisch, Čakavisch, Štokavisch, Ekavisch,
Ijekavisch, Illyrismus. (10)
Kroatisch: lange schrift- und literaturgeschichtliche Tradition auf Basis aller drei Dialekte- Kajkavisch, Čakavisch und Štokavisch, sowie ekavisch und ijekavisch; katholisch, jedoch auch mit kirchenslawischer Tradition, teilweise kyrillisch geschrieben; 19Jh setzt sich Štokavisch gegen Kajkavisch durch, ermöglicht Einigung zu einer Literatursprache „Wiener Vertrag“
47. Nennen Sie drei Persönlichkeiten, die in der Geschichte
des Bosnischen, Kroatischen und Serbischen eine Rolle
gespielt haben und welche Rolle! (6)
Vuk Karadžić: Reformator
Đuro Dančić, Ivan Mažuranić: Wiener Vertrag, eine Literatursprache Broz: Normierung der Sprache durch phonologische Orthographie und Wörterbuch
48. Nennen Sie drei Persönlichkeiten, die für die
Entwicklung der russischen Standardsprache bedeutend
waren und ihre Rolle! (6)
Peter der Große: Reform des Alphabets, Übersetzungen in einfache
russische Sprache verlangt Michail Lomonosov: Theorie der drei Stile; Grammatik der russischen Sprache „Rossijskaja grammatika“ Alexander Puškin: moderne russische Sprache; kodifiziert, stilisiert, differenziert, allgemein verbindlich
Einführung in die sprachwissenschaftlichen Grundlagen der Slawistik
Universität: Universität Klagenfurt
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