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Tut Blatt 3Firma FSS 2021 Loesung Fall 1 - 2

Tut
Kurs

Handels- und Gesellschaftsrecht

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Universität Mannheim

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Tutorium Handelsrecht FSS 2021

Alle Rechte bei Dr. Gernot Wirth

Arbeitsblatt 3: Firmenrecht

Fall 1:

Angela, Bodo und Dieter haben 2013 eine Buchgroßhandels-OHG gegründet. Es wurde daraufhin die Firma „Angela’s-Bücher-OHG“ im Handelsregister eingetragen. Im Jahre 2017 kommt es zu Unstimmigkeiten zwischen den drei Gesellschaftern und Angela scheidet aus der OHG aus. Bodo und Dieter wollen den Betrieb unter dem bisherigen Namen weiterführen, da ihr Geschäft unter dieser Bezeichnung weit über das Stadtgebiet hinaus bekannt ist und sie Umsatzeinbußen befürchten, wenn sie eine Firmenänderung durchführen müssten. Angela ist mit einer Beibehaltung des Namens nach ihrem Ausscheiden nicht einverstanden.

Dürfen Bodo und Dieter die bisherige Firma beibehalten?

1. Firmenwahrheit/Firmenbeständigkeit:

A. Exkurs: Begriff und Rechtsnatur der Firma

Umgangssprachlich ist die Firma das Unternehmen/der Betrieb.

Juristisch ist eine Firma gemäß § 17 HGB indes der Name des Kaufmanns , unter dem er im Handelsverkehr auftritt und unter dem er klagen sowie verklagt werden kann.

§ 17 HGB:

(1) Die Firma eines Kaufmanns ist der Name, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. (2) Ein Kaufmann kann unter seiner Firma klagen und verklagt werden.

I. Firmenfähig und firmenpflichtig sind

  1. sowohl Einzelkaufleute
  2. als auch Handelsgesellschaften (§ 6 I und II HGB), [ 3. nicht jedoch sonstige Unternehmer im Sinne des § 14 I BGB a) wie nicht im Handelsregister eingetragene Kleingewerbetreibende b) oder nichteingetragene Land- und Forstwirte und deren nichteingetragene Nebengewerbe c) sowie Freiberufler (Bei der Partnerschaft ist nach § 2 I PartGG der „Name“ der Partnerschaft gemäß § 4 I PartGG zur Eintragung anzumelden, für den nach § 2 II PartGG die Regeln über die Firma grundsätzlich entsprechend gelten.)]

II. Eine Firma besteht dabei stets

  1. aus einem den Kaufmann oder sein Unternehmen kennzeichnenden Teil, dem Firmenkern ,
  2. und einem Rechtsformzusatz (§ 19 I HGB).

Dies gilt sowohl für die erstmalige Bildung (sog. originäre Firma) als auch für spätere Änderungen der Firma.

III. Der Firmenkern kann dabei

  1. in einer Personenfirma (enthält den Namen des Kaufmanns)
  2. aber auch in einer Sachfirma (nimmt auf den Gegenstand des Unternehmens Bezug)
  3. sowie einer Mischfirma (mit sowohl dem Namen des Kaufmanns als auch dem Unternehmensgegenstand)
  4. oder einer Fantasiefirma (insbesondere Buchstabenkombinationen oder Abkürzungen) bestehen.

IV. Zur Kennzeichnung des Inhabers muss eine Firma neben dem Firmenkern auch einen Rechtsformzusatz enthalten:

  1. Nach § 19 I Nr. 1 HGB müssen Einzelkaufleute den Zusatz „eingetragener Kaufmann/eingetragene Kauffrau“ oder eine Abkürzung wie etwa „e.Kfm./e.“ oder „e.“ führen.
  2. Die Personenhandelsgesellschaften OHG und KG müssen gemäß § 19 I Nr. 2 und 3 HGB den Zusatz „Offene Handelsgesellschaft“ oder „Kommanditgesellschaft“ oder die Abkürzungen „OHG“ bzw. „KG“ verwenden.
  3. Das Gleiche gilt gemäß § 2 II Nr. 1 EWIV-AG auch für die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung. Deren Firma muss diese Bezeichnung oder die Abkürzung „EWIV“ enthalten.
  4. Die weiteren Kaufleute sind spezialgesetzlich ebenfalls zur Führung eines Rechtsformzusatzes verpflichtet: a) Die Firma einer Aktiengesellschaft muss nach § 4 AktG diesen Rechtsformzusatz oder die Abkürzung „AG“ enthalten, b) die Firma einer Kommanditgesellschaft auf Aktien gemäß § 279 I AktG diesen oder „ KGaA“ , c) die Firma einer Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea) gemäß Art. 11 I SE-Verordnung (SE-VO) den Zusatz „SE“ d) sowie die Firma einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 4 GmbHG diesen Rechtsformzusatz oder „GmbH“, eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) als „Mini-GmbH“ bzw. „Ein-Euro- GmbH“ davon abweichend nach § 5a GmbHG die se Bezeichnung oder die Abkürzung „UG (haftungsbeschränkt)“ e) und die Firma einer eingetragenen Genossenschaft muss nach § 3 I 1 GenG diese Bezeichnung oder die Abkürzung „eG“ enthalten f) sowie die Firma einer Europäischen Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea) gemäß Art. 5 IV SCE-VO den Zusatz „SCE“.

B. Grundsatz der Firmenwahrheit § 18 HGB

I. Neben den genannten formalen Voraussetzungen Firmenkern und Rechtsformzusatz muss eine Firma auch den materiellen Anforderungen der Firmenwahrheit genügen:

§ 18 HGB:

(1) Die Firma muss zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. (2) 1 Die Firma darf keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen.

b) Aber § 24 II HGB: Scheidet wie hier ein Gesellschafter aus, dessen Name in der Firma enthalten ist, bedarf es zur Fortführung der Firma der ausdrücklichen Einwilligung dieses Gesellschafters.

B und D brauchen also eine ausdrückliche Zustimmung der A, um die bisherige Firma beibehalten zu dürfen.

  • A ist zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht mit der Beibehaltung der Firma einverstanden.

  • Der Umstand, dass A bei Gründung der Gesellschaft mit der Gestattung ihres Namens einverstanden war, darf nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sie auch nach ihrem Ausscheiden mit der Verwendung einverstanden ist.

C. Ergebnis:

Nach dem Ausscheiden der A ist die Fortführung der Firma „Angela’s-Bücher-OHG“ nach § 24 I HGB wegen des Grundsatzes der Firmenwahrheit (§ 18 II 1 HGB) hier nicht möglich , da A der Firmenbeständigkeit nicht gemäß § 24 II HGB zustimmt.

Fall 2:

Dieter betreibt seit 30 Jahren ein größeres Autohaus unter der im Handelsregister eingetragenen Firma „Dieter’s Autohaus e.“. Nach der Feier zu seinem 60. Geburtstag beschließt er, sich zur Ruhe zu setzen, und veräußert den Betrieb an Christine, die ihn unter Beibehaltung der Betriebsstruktur und des Personals unter der eingetragenen Firma „Auto Christine e.“ fortführt. Vier Monate nach dieser Geschäftsübernahme fordert die Bank B, die D vor der Übernahme ein Geschäftsdarlehen i.H. 100,– € gewährt hatte, von C die Rückzahlung der Darlehenssumme. Sie ist der Auffassung, dass C als neue Geschäftsinhaberin für diese Darlehensschuld einzustehen habe.

Kann B von C Zahlung i.H. 100,– € verlangen?

1. Haftung bei Firmenfortführung § 25 I 1 HGB

A. Der B könnte gegen C ein Anspruch auf Darlehensrückzahlung i.H. 100,– € aus § 488 I 2 BGB zustehen.

Zwischen B und C ist jedoch kein wirksamer Darlehensvertrag i.S. § 488 BGB geschlossen worden.

Folglich besteht kein Anspruch der B gegen C aus eigenem Recht.

B. B hat gegen C auch keinen Anspruch auf Darlehensrückzahlung i.H. 100,– € aus § 488 I 2 BGB

I. i.V. §§ 414, 415 BGB bzw. § 311 BGB , da C die Altschulden des Veräußerers B nicht durch einen Schuld(mit-)übernahmevertrag übernommen hat II. und sie diese ferner auch nicht durch einen besonderen Verpflichtungsgrund gemäß § 25 III HGB übernommen hat.

C. B könnte gegen C jedoch ein Anspruch auf Darlehensrückzahlung i.H. 100,– € aus § 488 I 2 BGB i.V. § 25 I 1 HGB zustehen.

I. Dazu müssen die Voraussetzungen des § 25 I 1 HGB erfüllt sein.

§ 25 HGB:

(1) 1 Wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführt, haftet für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. 2 Die in dem Betrieb begründeten Forderungen gelten den Schuldnern gegenüber als auf den

Erwerber übergegangen, falls der bisherige Inhaber oder seine Erben in die Fortführung der Firma gewilligt haben.

  1. Ferner muss C das Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortgeführt haben.

a) Für die Fortführung des Handelsgeschäfts genügt es, wenn zumindest der den Schwerpunkt des Unternehmens bildende wesentliche Kern desselben übernommen wird.

C hat die Betriebsstruktur des Autohauses unverändert gelassen und auch das Personal des D übernommen, folglich ist eine Fortführung des Handelsgeschäfts gegeben.

b) Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 25 I 1 HGB muss das Handelsgeschäft aber auch unter der bisherigen Firma fortgeführt werden. Dabei ist es ausreichend, wenn zumindest der prägende Teil der Firma beibehalten wird.

Hier hat C zwar das Autohaus, aber nicht die bisherige Firma des D „Dieter’s Autohaus e.“ fortgeführt. C firmiert vielmehr unter ihrer eigenen neuen Firma „Auto Christine e.“ und hat somit auch nicht den prägenden Teil der Firma beibehalten.

Der Erwerber muss aber das Handelsgeschäft und die Firma fortführen, da es sonst an der für die Haftung nach § 25 I 1 HGB erforderlichen Kontinuität nach außen fehlt.

[ 5. Exkurs: Zudem würde § 25 I 1 HGB verlangen, dass die Wirkung des § 25 I 1 HGB auch nicht gemäß § 25 II HGB ausgeschlossen ist.

a) D und C hatten im Übernahmevertrag nämlich nicht vereinbart , dass die Altverbindlichkeiten nicht auf die C übergehen.

b) Insofern liegt bereits keine abweichende Vereinbarung vor. Diese würde im Übrigen gemäß § 25 II HGB Dritten gegenüber nur dann wirken, wenn sie im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht oder dem Dritten vom Erwerber oder Veräußerer mitgeteilt worden ist, was nach h. unverzüglich (also ohne schuldhaftes Zögern, § 121 I 1 BGB) erfolgen muss. ]

D. Ergebnis:

C hat damit zwar das Handelsgeschäft des D fortgeführt, aber nicht unter der bisherigen Firma , so dass eine Haftung gemäß § 25 I 1 HGB ausscheidet.

B steht folglich auch kein Anspruch gegen C auf Zahlung i.H. 100,– € aus § 488 I 2 BGB i.V. § 25 I 1 HGB zu.

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Fall 1:
Angela, Bodo und Dieter haben 2013 eine Buchgroßhandels-OHG gegründet. Es wurde
daraufhin die Firma „Angela’s-Bücher-OHG“ im Handelsregister eingetragen.
Im Jahre 2017 kommt es zu Unstimmigkeiten zwischen den drei Gesellschaftern und Angela
scheidet aus der OHG aus. Bodo und Dieter wollen den Betrieb unter dem bisherigen Namen
weiterführen, da ihr Geschäft unter dieser Bezeichnung weit über das Stadtgebiet hinaus
bekannt ist und sie Umsatzeinbußen befürchten, wenn sie eine Firmenänderung durchführen
müssten. Angela ist mit einer Beibehaltung des Namens nach ihrem Ausscheiden nicht
einverstanden.
Dürfen Bodo und Dieter die bisherige Firma beibehalten?
1. Firmenwahrheit/Firmenbeständigkeit:
A. Exkurs: Begriff und Rechtsnatur der Firma
Umgangssprachlich ist die Firma das Unternehmen/der Betrieb.
Juristisch ist eine Firma gemäß § 17 HGB indes der Name des Kaufmanns, unter dem er im
Handelsverkehr auftritt und unter dem er klagen sowie verklagt werden kann.
§ 17 HGB:
(1) Die Firma eines Kaufmanns ist der Name, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die
Unterschrift abgibt.
(2) Ein Kaufmann kann unter seiner Firma klagen und verklagt werden.
I. Firmenfähig und firmenpflichtig sind
1. sowohl Einzelkaufleute
2. als auch Handelsgesellschaften (§ 6 I und II HGB),
[ 3. nicht jedoch sonstige Unternehmer im Sinne des § 14 I BGB
a) wie nicht im Handelsregister eingetragene Kleingewerbetreibende
b) oder nichteingetragene Land- und Forstwirte und deren nichteingetragene Nebengewerbe
c) sowie Freiberufler (Bei der Partnerschaft ist nach § 2 I PartGG der „Name“ der Partnerschaft gemäß § 4 I
PartGG zur Eintragung anzumelden, für den nach § 2 II PartGG die Regeln über die Firma grundsätzlich
entsprechend gelten.)]
II. Eine Firma besteht dabei stets
1. aus einem den Kaufmann oder sein Unternehmen kennzeichnenden Teil, dem Firmenkern,
2. und einem Rechtsformzusatz (§ 19 I HGB).
Dies gilt sowohl für die erstmalige Bildung (sog. originäre Firma) als auch für spätere
Änderungen der Firma.